Page 42 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
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2.8 • Die OSZE
Außenminister dieses Papier unterzeichnet haben, ist es kein
völkerrechtlicher Vertrag. Die Schlussakte ist nicht bindend.
Der Inhalt der Schlussakte ist der sog. „Prinzipiendekalog“. Hemmschuh einer effizi-
Er enthält, wie schon der Name treffend sagt, zehn Prinzipien, enten OSZE-Politik ist das
die die Konferenzteilnehmer untereinander beachten wollen. Prinzip der Einstimmigkeit bei
- die gegenseitige Respektierung der Souveränität und jedes Mitglied eine Vetomög-
Alle Prinzipien sind wichtig. Tragend sind:
-
Beschlüssen. So hat praktisch
-
der territorialen Integrität anderer Staaten,
-
lichkeit.
das Gewaltverbot,
die Wahrung der Menschenrechte.
Souveränität meint die lediglich vom Völkerrecht einge-
schränkte Herrschafts- und Handlungsgewalt einer Staats-
macht, die keine höhere Autorität über sich hat. Die territoriale
Integrität bedeutet das Ausschlussrecht anderer Staaten von
der Souveränität über ein bestimmtes Gebiet.
Das Gewaltverbot besagt, dass zwischen den Staaten
keinerlei Anwendung bewaffneter Gewalt zulässig ist. Es ist
verankert in Art. 2 Ziffer 4 SVN und im völkerrechtlichen
Gewohnheitsrecht. Die Menschenrechte beruhen auf interna-
tionalen Verträgen und ebenfalls auf dem Gewohnheitsrecht.
Die nächsten Folgetreffen fanden in Belgrad (1977–78),
Madrid (1980–83) und Wien (1986–89) statt. Dabei wurden
jeweils Erklärungen zu verschiedenen speziellen Themen aus
den drei Körben verabschiedet, wie etwa Religions- oder Ge-
werkschaftsfreiheit.
In Wien wurde der sog. „Mechanismus der menschlichen
Dimension“ auf die politischen Beine gestellt, ein Verfahren
zur Nachfrage bei anderen Staaten im Falle vermuteter Men-
schenrechtsverletzungen. Die Einrichtung eines solchen Ver-
fahrens ist ein wichtiger Schritt für die Menschenrechte, denn
einem Staat wird es politisch schwer fallen, eine solche Nach-
frage zu ignorieren, auch wenn er sich nicht vertraglich zum
„Mechanismus“ verpflichtet hat.
Mit dem „Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Eu-
ropa“ (KSE 1990) und dem „Open-skies-Vertrag“ (1992) hat
die KSZE zwei rechtlich verbindliche völkerrechtliche Verträge
hervorgebracht. Vertragsinhalte sind vor allem gegenseitige
Truppeninspektionen und Beobachtungsflüge.
Einen großen Schritt hat die KSZE mit der „Charta von
Paris für ein neues Europa“ (1990) getan. Auf diese unverbind-
liche Erklärung hin haben die Mitglieder der KSZE einen eige-
nen Verwaltungsapparat gegeben, mit dessen Hilfe die OSZE,
die nun den Mutationsprozess zu einer regionalen Organisa-
tion begonnen hat, die Aufgaben der Konfliktverhütung und
Krisenbewältigung besser ausfüllen kann. Bei dem Treffen der
Staats- und Regierungschefs im November 1999 in Istanbul