Page 46 - Europarecht Schnell erfasst Auflage 5 (+13.01.2017)
P. 46
40 Kapitel 3 • Der Europarat und die EMRK
3.1 Mitglieder und Organe des Europarates
Nach der OSZE ist der Euro- Der Europarat beruht, wie in der Organisationenübersicht be-
2 parat die mitgliederstärkste reits ausgeführt, auf einem völkerrechtlichen Vertrag, welcher
europäische Organisation. von 47 europäischen Staaten ratifiziert wurde. Die Aufnahmen
3 einiger Staaten, wie z. B. den Nachfolgestaaten der ehemaligen
Sowjetunion, war besonders umstritten, weil diese Länder in
Bezug auf Demokratie und Menschenrechte häufig vergleichs-
weise schwach strukturiert sind.
Beitritt der EU zum Europarat Immer wiederkehrend ist die Diskussion über einen Bei-
tritt der EU zum Europarat. Dann könnte sie auch Mitglied
der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) wer-
den.
Nach der Europaratssatzung können zwar nur Staaten Mit-
glied werden, dieser Vertrag könnte jedoch hinsichtlich eines
Beitritts Internationaler Organisationen, wie der EU, geändert
werden. Für die EMRK wurde der Beitritt der EU durch die
Ratifizierung des 14. Zusatzprotokolls möglich gemacht. Die
EU besitzt gemäß Art. 47 EUV völkerrechtliche Rechtsper-
sönlichkeit und ist ein Völkerrechtssubjekt, also Träger von
Rechten und Pflichten. Mithin kann sie völkerrechtliche Ver-
träge abschließen und Mitglied in anderen internationalen
Organisationen werden.
Der Beitritt der EU zur EMRK, einem langgehegten po-
2 litischen Wunschtraum (s. EuGH, Gutachten 2/94, Slg. 1996,
I-1763), ist in Art. 6 II EUV, 218 VI lit. a) ii) AEUV, Protokoll
Nr. 8 erstmals primärrechtlich vorgesehen und mit rechtlichen
2 Bedingungen ausgestattet.
2 Art. 6 II EUV – Beitritt zur EMRK
Die Union tritt der Europäischen Konvention zum Schutz der
2 Menschenrechte und Grundfreiheiten bei. Dieser Beitritt ändert
nicht die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der
Union.
2
2 Gutachten 2/13 des EuGH Den bereits verhandelten Beitrittsvertrag hat der EuGH je-
doch in einer sehr seltenen Plenumsentscheidung am 18. De-
zember 2014 im Gutachten 2/13 (ECLI: EU:C:2014:2454)
2 für nicht mit den EU-Verträgen vereinbart erklärt und den
Beitritt somit fürs erste verhindert. Begründet hat der EuGH
2 seine Ansicht u. a. damit, dass ein Beitritt gemäß Art. 6 II
2 EUV nur zulässig sei, soweit er die in den EU-Verträgen
niedergelegten Zuständigkeiten der Union nicht ändere, wo-
2 bei er vom Beitrittsvertragsentwurf insbesondere seine in
Art. 19 I 2 EUV vertraglich gesicherte Auslegungshoheit für