Page 121 - eBook Kaufmannshaus eBook_Neat
P. 121
brummten im warmen Sonnenschein. Golden
stand das Korn mit prallen Ähren auf allen Fel-
dern, soweit das Auge reicht und der wolkenlo-
se Himmel versprach bis zum Einbringen der
Ernte so zu bleiben. Auch unsere siebzehn Mor-
gen sahen prächtig aus, kein Unwetter hatte die
Halme gelegt und die Ähren waren nicht von
dem Pilz befallen wie im letztem, so unseligen,
Jahr. Es begann zu trocken und dann regnete es
vom Juli bis in den Dezember. Der darauf fol-
gende Winter wurde kalt und lang, Essen und
Holz waren knapp. Wir froren, der Hunger zehr-
te an uns und nahm im Januar zwei meiner Ge-
schwister. Die beiden jüngsten. Carl Peter und
Elisabeth. Aus dem Osten durchziehende ver-
lumpte Soldaten raubten unsere letzten Hühner
und zogen gottseidank ohne weitere Willkür
weiter. Bald danach wurde die Mutter krank und
starb am Faulfieber. „Soldatenpest“, sagte Vater
und verfluchte den Krieg im Allgemeinen und
die Franzosen ganz besonders. Wir schafften es
gerade noch gemeinsam die Felder zu bestellen,
dann starb auch er. Meine älteren Schwestern
waren an weiter entfernten Orten verheiratet
und zwei Brüder auf Wanderschaft. Unsere
nächsten Nachbarn boten mir für die Frucht un-
serer Felder zehn blanke Taler auf die Hand da-
121