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brummten  im  warmen  Sonnenschein.  Golden

                stand das Korn mit prallen Ähren auf allen Fel-
                dern, soweit das Auge reicht und der wolkenlo-
                se  Himmel  versprach  bis  zum  Einbringen  der
                Ernte so zu bleiben. Auch unsere siebzehn Mor-
                gen sahen prächtig aus, kein Unwetter hatte die

                Halme  gelegt  und  die  Ähren  waren  nicht  von
                dem Pilz befallen wie im letztem, so unseligen,
                Jahr. Es begann zu trocken und dann regnete es
                vom Juli bis in den Dezember.  Der darauf fol-
                gende  Winter  wurde  kalt  und  lang,  Essen  und

                Holz waren knapp. Wir froren, der Hunger zehr-
                te an uns und nahm im Januar zwei meiner Ge-
                schwister. Die  beiden  jüngsten. Carl  Peter  und
                Elisabeth.  Aus  dem  Osten  durchziehende  ver-
                lumpte Soldaten raubten unsere letzten Hühner

                und  zogen  gottseidank  ohne  weitere  Willkür
                weiter. Bald danach wurde die Mutter krank und
                starb am Faulfieber. „Soldatenpest“, sagte Vater
                und  verfluchte  den  Krieg im  Allgemeinen  und

                die Franzosen ganz besonders. Wir schafften es
                gerade noch gemeinsam die Felder zu bestellen,
                dann  starb  auch  er.  Meine  älteren  Schwestern
                waren  an  weiter  entfernten  Orten  verheiratet
                und  zwei  Brüder  auf  Wanderschaft.  Unsere
                nächsten Nachbarn boten mir für die Frucht un-

                serer Felder zehn blanke Taler auf die Hand da-


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