Page 101 - Michaels_Buch Februar_neu
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wollte, konnte unseren Fahrdienst benutzen. Doreen war nur am Anfang dabei, um die Gäste
            persönlich zu begrüßen, dann übernahmen unsere Mitarbeiterinnen die Betreuung. Ich war natürlich
            sehr neugierig und hatte meinen Mitarbeitern gesagt, dass ich kurz vorbei kommen wollte, sie mich
            aber nicht als ihren Chef vorstellen, sondern mich wie einen Gast behandeln sollten. Ich traf um 21
            Uhr ein und war angenehm überrascht. Die Tanzfläche war voll, überall hatten sich Pärchen
            gebildet, die heftig flirteten, und immer wieder verschwanden einige mit dem Fahrdienst ins Hotel.
            Ich blieb eine halbe Stunde, dann bin ich sehr zufrieden abgerückt.

            Es folgten noch viele erfolgreiche Parties und sogar RTL war mit einem Kamerateam bei einer
            Party dabei, allerdings wurden die Gesichter der Teilnehmer verpixelt und die Stimmen verfälscht.

            Hanna war immer sehr sorgfältig, wenn sie mit unserem Flugzeug geflogen ist. Eines Tages stellte
            sie in der Flugvorbereitung beim Checken des Flugzeuges einen schlimmen Riss auf der rechten
            Seite des Fahrwerks fest. Das musste jetzt unbedingt repariert werden und der Flieger sollte nach
            Oehna in die Werft kommen. Der Start war nicht das Problem, aber bei der Landung konnte das
            Fahrwerk einknicken, was wiederum einen üblen Crash zur Folge gehabt hätte. Andi und ich flogen
            hin. Andi war mittlerweile ein recht erfahrener Pilot, hatte sogar seinen Schein für die Echo Klasse
            mit Bravour bestanden und traute sich zu, den Flieger nur mit dem linken Rad zu landen. Es war ein
            aufregender Augenblick, aber er hat es geschafft. Er hielt das Flugzeug nach dem Aufsetzen noch
            etwas auf dem linken Rad und ganz langsam und vorsichtig setze er es dann auf das Rechte. Das
            Fahrwerk wurde repariert und wir konnten wieder zurück fliegen.

            Christian hat nach seinem Ersatzdienst eine Ausbildung bei der Post gemacht. Dort hat er auf die
            harte Tour gelernt, was schuften heißt. Er hat sich richtig angestrengt, wurde nach seiner
            Abschlussprüfung direkt übernommen und arbeitete als Zusteller in verschiedenen Bezirken. Mir
            hat das nie so gut gefallen und ich beschloss, mir etwas für ihn einfallen zu lassen. Da er erst einmal
            etwas parallel zu seiner Zustellertätigkeit machen sollte, musste es eine Tätigkeit sein, die er
            entweder vor oder nach der Arbeit machen konnte. Wir entschieden uns für einen Brötchen
            Bringdienst, den wir Extragold nannten.


            Patros erstellte eine Website und wir schalteten Anzeigen im Langenhagener Echo. Es meldeten
            sich auch schnell Leute, die gerne frische Brötchen morgens vor der Arbeit haben wollten. Wir
            suchten einen Bäcker, bei dem Christian die Brötchen abholte und sie dann bei den Kunden an die
            Türklinke hing. Bezahlt wurde per Überweisung.

            Nach einer Testphase von drei Monaten zogen wir Bilanz und mussten einsehen, dass der Gewinn
            bei weitem nicht so ausgefallen war, wie wir uns das gewünscht hätten und wir beendeten das
            Kapitel Extragold. Christian kündigte trotzdem bei der Post und fing an, in der Agentur zu arbeiten.

            Wir hatten ein Casting in Hamburg. Ich saß wieder im Vorraum und Doreen und ihre
            Mitstreiterinnen hatten bereits vier Männer gecastet, als die Tür aufging und Hermann hereinkam.
            Durch meine Erfahrung mit Gregor erkannte ich sofort, dass Hermann blind war. Im ersten Moment
            dachte ich, dass er sich wohl in der Tür geirrt hätte, aber er stand auf meiner Liste und wollte
            tatsächlich zum Casting. Er hatte die Befürchtung gehabt, dass wir ihn ablehnen würden, wenn wir
            gewusst hätten, dass er blind sei, deshalb hatte er das verschwiegen.

            Ich hab kurz mit ihm das Vorgehen abgeklärt und bin dann zu den Jurorinnen hinein gegangen, um
            sie auf Hermann vorzubereiten. Sie hatten damit kein Problem und warteten gespannt, darauf, wie
            es ablaufen würde. Ich führte Hermann hinein und das Casting konnte beginnen. Es lief auch alles
            problemlos ab und er wurde unter „Coole Männer“ mit seiner Bewertung eingestellt. Die
            Reaktionen der Frauen waren überraschend. Es meldeten sich mehr als sonst nach einem Casting
            und teilten mir mit, warum sie sich ausgerechnet mit einem blinden Mann treffen wollten.
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