Page 106 - Michaels_Buch Februar_neu
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Gelegenheit hätten, zu den anderen Castings anzureisen. Ich kam auf eine neue Idee. Ich schickte
            einen Frauen-Newsletter raus und bot an, jeder Frau 40 Euro Gage zu zahlen, die ein Einzelcasting
            machen würde. Die Reaktion der Frauen war gut und nun schulte Doreen jede der Kandidatinnen
            und die Einzelcastings konnten beginnen. Nach dem Einzel-Casting schickte uns die Frau ihren
            Bericht und wir setzten ihn zur Beschreibung des Mannes in die Rubrik „Coole Männer“.


            Im November habe ich mir Gedanken um die Zukunft gemacht. Mittlerweile arbeiteten Christian,
            Basti und Andi in der Agentur, aber mir war klar, dass sie nicht mit dem Herzen dabei waren. Ich
            musste ein neues Geschäftsfeld finden, wo sie richtig gut aufgehoben waren. Mit fiel wieder meine
            Filmerei ein und ich beschloss, eine Filmfirma zu gründen. Zuerst besprach ich mich mit Achim. Er
            riet mit vehement davon ab, weil es doch bereits genügend Firmen gab, die sich auf diesem Gebiet
            tummelten. Aber ich wollte nicht auf ihn hören und begann mit der Recherche. Ich fand in Hamburg
            eine Firma, die professionelles Filmequipment verkaufte und El und ich fuhren hin. Dort trafen wir
            einen Verkäufer, der uns beriet und nachdem wir wieder zu Hause waren, bestellte ich unser erstes
            Equipment. Es waren zwei JVC-Kameras mit Manfrotto-Stativen, eine Sony-Anycast zum Mischen
            und ein Mac mit dem Schnittprogramm Final Cut.

            2008 Aller Anfang ist schwer

            Am 31. Januar fuhr El nach Hamburg. Ich gab ihm eine große Summe Bargeld mit, und er holte
            unser erstes Equipment ab. Als er ankam, stürzten sich die Jungs und Winfried auf die Kameras und
            wollten sofort mit Filmen loslegen. Ich musste sie bremsen, denn zuerst sollte alles mit
            Archivnummern versehen werden. Als das erledigt war, gab es kein Halten mehr. Sie rissen mrt
            förmlich die Geräte aus der Hand und kamen mir vor wie Ertrinkende in der Wüste, denen man
            Wasser gegeben hatte. In der Schule hatten alle vier Jungs nie großen Ehrgeiz entwickelt. Das sollte
            sich jetzt aber grundlegend ändern. Was sich von nun an an Energie freisetzte, hätte ich nie für
            möglich gehalten.

            Als die Kameras zusammengebaut waren, schnappte sich Winfried eine, schulterte sie, drückte den
            Aufnahmeknopf und wir beide gingen über den Hof zu den OPMs. Danach ließ ich das Verdeck
            vom SL runter und wir fuhren in die Virchowstraße. Winfried filmte wie ein Weltmeister und wir
            fuhren zurück in die Firma und schauten uns sein Werk an. Wir haben uns ausgeschüttet vor
            Lachen, denn auf dem Weg zu den OPMs ging Winfried wie er sonst auch gegangen war und das
            Bild hüpfte auf und ab. Auch die Fahrtszenen waren ein einziges Gewackel.

            Seit Anfang des Jahres hatten wir drei Praktikanten. Wir nannten sie Momis, denn sie brauchten das
            Praktikum für die berufsbildende Schule und waren von Montag bis Mittwoch in der Firma,
            Donnerstag und Freitag hatten sie Unterricht. Fritz fuhr mit Andre, einem der Momis zur Baumesse,
            die gerade im Modezentrum stattfand. Die beiden sollten Impressionen der Messe filmen und Fritz
            sollte Interviews mit den Ausstellern führen. Nachdem sie zurück waren, schaute ich mir die
            Aufnahmen an. Ich konnte es kaum glauben: wildes Hin und Hergezoome und völlig verwackelte
            und unscharfe Aufnahmen. Ich zeigte ihnen alle Fehler und sie fuhren erneut zur Messe. Jetzt waren
            die Aufnahmen besser und wir schnitten unseren ersten Beitrag.


            Ich hatte vor, einen lokalen Internet Sender ins Leben zu rufen, der Langenhagen TV heißen sollte.
            Ich erstellte eine Website und die Jungs drehten kleine Beiträge. Im Februar war das erste Magazin
            fertig. Wir druckten Flyer und das Langenhagener Echo berichtete über unser Magazin. Am 27.
            Februar war es soweit und Winfried stellte das Magazin online. Wir hatten auch recht schnell eine
            kleine Fangemeinde und bekamen viel Lob für unsere Arbeit.

            Im Keller unserer Firma hatten wir einen großen Raum, der voller Gerümpel stand. Ich beschloss
            ihn zum Videostudio auszubauen. Mit Balken und Profilholz bauten wir einen Regieraum und im
            Aufnahmeraum wurden die Wände mit Vorhängen verkleidet. Ich kaufte Flightcases, die wir für die
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