Page 261 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Die erkenntnisstheoretischen Voraussetzungen des griech. Skepticismus. 249
wir uns zu denselben verlialten; was erwächst für uns aus diesem
Verhalten? lieber die Beschaffenheit der Dinge — so wird die
erste Frage beantwortet — können wir schlechterdings nichts wissen i);
denn die sinnHche und die Vemunfterkenntniss sind gleichermaßen
Jeder These über die Beschaffenheit der Dinge lässt
trügerisch 2).
sich eine gleich starke Antithese gegenüberstellen ^j. Daraus folgt
die Lösung des zweiten Problems, dass wir über die Beschaffenheit
der Dinge kein bestimmtes Urtheü abgeben dürfen, uns vielmehr des
Urtheils hier überall enthalten müssen. Die Epoche und die Aphasie
sind die Consequenz unsres Nichtwissens um die Beschaffenheit der
Dinge"*); aus der Epoche und Aphasie heraus aber erwächst — und
das ist die Beantwortung der dritten Frage — die Unerschütter-
Uchkeit und unbewegte Leidlosigkeit, die Ataraxie und die Apathie.
Denn nur wer auf jede Stellungnahme zu den Räthseln des Lebens
verzichtet, ist glücklich 5). Könnte es nach alledem den Anschein
haben, als ob diese ersten Skeptiker alles "Wissen, Urtheilen und
Handeln hätten aufheben wollen, so belehren uns hier die ausdrück-
lichen Bemerkungen Pyrrho's und Timon's eines Besseren: denn
dass wir subjective Bewusstseinszustände haben, leugnen auch diese
Männer nicht, d. h. dass uns die Dinge so oder so erscheinen^),
lieber die Erscheinungen der Dinge darf also auch geurtheilt und
1) D log. IX, 61 wird als Ausspruch Pyjrrho's bezeichnet ou ^ap iaöXXov
z6he ri ToSe elvat Iitoorov; ähnlich Eus. a. a, 0. XIV, 18, 3.
2) Am drastischsten durch Timons Vers illustriert, welchen er denen ent-
gegenhielt, welche mit der Vernunft an den sinnlichen Aussagen Correcturen
vornehmen wollten: ouv-^Xöev dvrafäi re xat voufjiTjvio? (Diog. IX, 114).
3) So fasse ich mit Zeller (a. a. O. 3. Aufl. DI i S. 485) die Stelle bei Diog.
IX, 106: o'jhiu cpTjatv 6piCeiv töv Ilu^^oova SoYfiatuö»? 8ia rrjv avTiXo^i«^.
4) Diog. IX, 107: xeXo; Se ot oiceTrctvcoi cpaot rJjv i^:oyT^^^, -^ o*iä; xpoTcov ir.a-
Vgl. auch
xoXo'j&et t] äxapalta, &i cpaotv ot xe 7:ept xöv Ttfioova xat AlveoiOTfjftov.
ebenda 61.
5) Sextus, Math. XI, 1: ouxoo y«? Sxaoxo« i]it.ms x9|v xeXeiav xoi oxeTrcix-Jjv
aroXaßdjv 5tööeatv xaxd ton Ti|j.a)va ßioboexoi
aUt «x^povxioxtDC xai öxtvTjXou; xaxd xauxd,
p.-?) Trpoo^oov Sivotc •^SuX<5ifO'j oocpi?]?.
6) Diog. IX, 105 wird schon als ein Satz Timon's erwähnt: xo [tili (so
wird mit Fabriciua u. a. für [jiev zu lesen sein) 3xt ^oxt -^Xuxü o'j xiOtjfxi, xo Se oxi
«paCvexoi b[ioko-(w.