Page 498 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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486 W« Weygandt. Beiträge zur Psychologie des Traumes.
man nichts als den Vorstellungsverlauf jener Träume berücksiclitigte.
Keineswegs aber darf die Bedeutung der wichtigen Thatsache der
Perseverationstendenz für die Traumvorstellungen überhaupt geleugnet
werden; als eines der vielen Beispiele hierfür wäre etwa anzuführen
die bei Gelegenheit des Hungertraumes erwähnte Specialisirung der
Vorstellung des Hungerstillens durch Maccaroni in Hinblick darauf,
dass der Beobachter einige Stunden vorher eine derartige Speise ge-
sehen hatte.
Es würde an dieser Stelle zu weit führen, näher auf die Frage der
associativen Verbindungen im Traum einzugehen. Ich möchte mich
vielmehr im wesentlichen auf die Besprechung der Bewusstseinsvor-
gänge beim Einschlafen beschränkt haben.
1) Es bestehen dauernd gewisse somatische Sensationen, da-
runter auch entoptische und entotische Erscheinungen, welche ebenso
wie minimale periphere Reize continuirlicher Art im wachen Leben nur
bei besonderer Aufmerksamkeitsanspannung wahrgenommen werden,
im übrigen auch starken individuellen Differenzen unterliegen.
2) In der Zeit vor dem Einschlafen können beim Erschlaffen des
apperceptiven Denkens die präsomnischen Sensationen auftreten,
beruhend auf jenen somatischen Sensationen oder auf anderen leichten,
andauernden Sinnesreizen von der Peripherie her, welche während
des wachen Lebens nicht in den Blickpunkt des Bewusstseins treten.
3) Mit dem Moment des Einschlafens, der psychologisch durch
das Verschwinden des Situationsbewusstseins markirt ist, treten jene
Sensationen in die Traumvorstellungen über. Es können die präsom-
nischen Sensationen zu allerlei phantastischen Vorstellungen Anlass
geben, oder aber der Schlaf tritt ohne das Zwischenstadium jener
präsomnischen Erscheinungen ein, wobei dann die somatischen Sen-
sationen oder andere continuirlichere Sinnesreize, die zur Zeit des
apperceptiven Denkens in den Hintergrund des Bewusstseins gedrängt
waren, deutlicher percipirt werden; die ihnen entsprechenden Vor-
stellungen fügen sich in den Verlauf der associativen Verbindungen
ein und treten alsbald in den Vordergrund des Traumbewusstseins.