Page 501 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung. 489
um mit einer ->Messung« des simultanen Umfanges nur
einigermaßen nachzukommen.
Als nun Herr Professor Wundt die Psychophysik als exacte Be-
stimmung, von Empfindungsintensitäten und deren gegenseitigen Be-
ziehungen zu einer allgemeinen experimentellen Psychologie zu er-
weitern unternahm, welche die aus der Beobachtung des alltäghchen
Seelenlebens in gröberen Umrissen bekannten Zusammenhänge so
weit als möglich in exacterer Weise analysiren und neben einer
größeren Vergleichbarkeit der beigezogenen Einzelfälle des Unter-
suchungsgebietes insbesondere so weit als möglich genauere Maß-
verhältnisse anstreben sollte, erschien als ein aussichtsreiches
Problem in dieser zuletzt genannten Hinsicht vor allem auch die
genauere Bestimmung des Umfanges der gleichzeitigen
seelischen Vorgänge.
1) Die Griiederung des Bewusstseins nach seiner Klar-
heit. — Einfluss auf die Erinnerung und nachträgliche
Wiedergabe. Bei der Behandlung eines so allgemein gestellten
Problemes erheben sich jedoch zunächst gewisse theoretische Vor-
fragen, die sich auf das Wesen des jeweiligen Gesammt-
inhaltes eines Bewusstseinsmomentes beziehen^). Ihre Be-
handlung in dem auch hier vertretenen Sinne war denn bekanntlich
auch bereits von Wundt selbst allen experimentellen Einzelunter-
suchungen vorausgeschickt worden. Die Bestimmung des Bewusst-
seinsumfanges wäre offenbar eine viel einfachere Sache, als sie es
thatsächhch ist, wenn das ganze Bewusstsein in jedem Momente nur
aus lauter Vorstellungselementen zusammengesetzt wäre, deren wir
uns als solcher gleichzeitig oder wenigstens in einer zeitUch sich an-
schließenden Reflexion mit derjenigen Sicherheit unmittelbar verge-
wissern könnten, die jederzeit nothwendig ist, wenn aus dem Erleben
von Bewusstseinsinhalten auch eine psychologisch -wissenschaftHche
Verwertung hervorgehen soll.
Das Verfahren wäre dann in keiner Weise von der Analyse der
Vgl. im Folgenden vor allem auch Th. Lipps, Grundthatsachen des
1)
Seelenlebens, 1883, bes. Kap. Vin, S. 151 (Von der Begrenztheit der seelischen
Kraft), sowie >Komik und Humor« 1898, S. 117 f.