Page 503 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung,
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Bewusstseins befinden. Unklare Erlebnisse können also nur in ihren
Erinnerungsbildern diese Stellung erlangen. Sie sind aber docb mit
allen ihren Eigenthümlichkeiten ebenso eindeutig bestimmte Bewusst-
seinsinhalte wie die Vorstellungen, die im unmittelbaren Erleben
appercipirt wurden. Falls es also überhaupt eine Erinnerung gäbe,
welche alle Qualitäten, so wie sie erlebt wurden, auch späterhin zu
reproduciren vermöchte, so müsste sich dann auch unsere Aufmerksam-
keit unter Zurückdrängung anderer Inhalte erfolgreich mit diesen
Inhalten beschäftigen können, und dies wäre eben der Vorgang, in
welchem man sich über unklar Erlebtes klar werden könnte. Je
vorzüglicher nun das Gedächtniss des Menschen hierbei für eine
gleichmäßige Festhaltung des gesammten Bewusstseinsumfanges be-
gabt wäre, um so sicherer würden schließlich durch häufige Ausübung
der Reflexion über die unklareren Regionen beliebig viele Elemente
oder Eigenschaften aus denselben abstrahirt werden können. Auch
diese Region enthält ja eine reiche Differenzirung der Inhalte als
solcher, wenn auch mit einer gewissen Ausgleichung der Uebergänge,
gleichgültig, ob dieselbe nur in der verminderten Auffassung der
Grenzen, der Undeutlichkeit, oder zugleich in der inhaltlichen Ver-
bindungsweise besteht. Es müsste also durch Vergleichung möglichst
vieler inhaltlich verschieden ausgefüllter Umfange und durch Fest-
stellung von AehnKchkeiten und Verschiedenheiten schheßlich ebenso
eine Art abstrahirender Analyse rein perceptiver Elemente durch-
geführt werden können, wie die gewöhnliche Vorstellungsanalyse zu-
nächst die einzelnen apperceptiven Elemente und Merkmale feststellt.
Nach einer solchen Herausarbeitung bekannter perceptiver Qualitäten,
die natürlich durchgängig auch zu entsprechenden apperceptiven In-
halten Aehnlichkeiten aufweisen, würde dann auch die Wieder-
erkennung derselben und die Feststellung derartiger Elemente in
den einzelnen Gesammtbeständen möglich sein, wie sie für eine mög-
lichst vollständige Umfangsbestimmung nothwendig ist. Eine solche
gleichmäßig erschöpfende Analyse des gesammten Umfanges durch
die einfache Reflexion und die unmittelbare Wiedergabe des Erlebten
ist aber eben deshalb nicht erreichbar, weil die soeben hervorgehobene
Grundvoraussetzung für diese Einbeziehung der unklaren Region
nicht zutrifft, dass die ehemaligen Vorstellungen von geringerer Be-
achtung auch hinreichend und sicher reproducirt werden könnten.