Page 500 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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488 "Wilhelm "Wirth.
Zügen zu dem Bilde eines gesetzmäßig geordneten Verlaufes zu ver-
vollständigen, ohne viel Rücksicht auf die concrete Gestaltung in den
einzelnen Momenten. Erst Herbart hat auf die Bedeutung jener
Thatsache der »Bewusstseinsenge« für den Aufbau einer systematischen
Psychologie hingewiesen. Allerdings widersprechen seine sonstigen
Voraussetzungen über das Wesen der Vorstellungen dem unmittel-
baren Ergebniss der Analyse des Bewusstseins , insofern die An-
theilnahme der einzelnen Elemente des Bewusstseins an dem ge-
sammten Umfange von ihm schließlich ganz und gar als ein Wett-
streit von substantialisirten Vorstellungswesen gedeutet wurde. Doch
bleibt ihm das Verdienst, als erster die Möglichkeit der Feststel-
lung einer relativ klaren Gesetzmäßigkeit in dieser Vertheilung je
nach Zahl, Art und gegenseitiger Beziehung der Elemente erkannt
zu haben. Je durchsichtiger aber ein Zusammenhang schon bei einer
allgemeinen Uebersicht erscheint, um so aussichtsreicher ist auch der
Versuch, zu einer exacteren Analyse des Thatbestandes fortzuschreiten.
Hierbei genügt aber nun natürlich nicht mehr jene oberflächliche
Feststellung der Endlichkeit des Bewusstseins überhaupt, ohne ge-
nauere Berücksichtigung der betrachteten Zeitstrecke und der Vor-
stellungselemente, welche im Verlauf dieser Zeit innerhalb des Be-
wusstseins zur Geltung kamen. Vergleichbare Resultate können nur
bei gleichen Zeitstrecken und vergleichbarer Ausfüllung derselben
erlangt werden. Auch wächst die Feinheit der Untersuchung natür-
lich mit der Kleinheit der Zeitstrecke, über die wir noch eine relativ
sichere Auskunft in dieser Hinsicht zu geben vermögen, und mit der
Feinheit der Abstufungsmöglichkeiten der verwendeten Inhalte. Hier
versagt natürlich die alltägliche Beobachtung schon wegen der Unsicher-
heit des Zeitbewusstseins hinsichtlich kleinster Zeitstrecken und muss
z. B. auf die Annahme einer »äußerst
sich dieselbe bei Herbart ^j
kleinen Zahl« beschränken, die gleichzeitig vom Bewusstsein »umfasst«
werden kann. Die große »Beweglichkeit« des Bewusstseins, von der
an der gleichen Stelle die Weite der Combinationen geistvoller Men-
schen abgeleitet wird, lässt natürlich zugleich auch Täuschungen
über den jeweiligen Umfang des Bewusstseins sehr leicht mögUch er-
scheinen und erfordert eine umso feinere Zeiteintheilung,
1) Herbart, Lehrbuch zur Psychologie, S. 91.