Page 523 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung.
sicher und eindeutig wiedergegeben werden zu können. Man hat nur
noch einige abstracte, schwer formuhrbare Eigenthümhchkeiten, um
welche die anderen zum concreten Thatbestande nothwendigen Merkmale
unsicher hin und her schwanken. Es ist somit natürhch von vom
herein klar gewesen, dass von einem größeren Complex mehr als vier bis
fünf Elemente bei tachistoskopischer Exposition überhaupt bewusst
werden, nur eben ohne die volle Aufmerksamkeit zu finden. Das
liegt sowohl in Cattell's Ausführungen über die »Schätzung« von
mehr als fünf, als auch in seinen ausdrücklich auf diese unklaren
Inhalte bezüglichen Mittheilungen am Schlüsse des Ganzen (a. a. 0.
S. 127). Allerdings hat Cattell trotzdem diese Versuche zu Wundt's
bekannter Methode einer Messung des Bewusstseinsumfanges in
Parallele stellen wollen, die wir später (Kap. 3) zu erwähnen haben
werden, ja er glaubte sie sogar als »vortheilhaftere« Methode für die
Lösung der Frage nach diesem Umfange bezeichnen zu dürfen. Damit
war natürlich der principielle Unterschied verkannt, der zwischen der
Tendenz einer umfassenderen Messung des Bewusstseinsumfanges
einerseits und dieser unmittelbaren Wiedergabe des in einem Momente
neu Aufgefassten andererseits besteht. Letztere hebt eben nur die
unter diesen Bedingungen neu entstehenden Inhalte maximaler Klarheit
heraus und besitzt in dieser Leistung der Ausscheidung einer Region
maximaler Klarheit mit allen ihren psychologischen Folgen gerade
ihren eigenartigen Werth. Wundt selbst hat ohne Formulirung seiner
Ausführungen als einer speciellen Polemik gegen seinen Schüler in
der thatsächlichen theoretischen Würdigung und psychologischen
Subsumption, die er der Methode und ihren auch heute noch unbe-
strittenen Ergebnissen gleich bei der allerersten Aufnahme in seine
Werke angedeihen Hess, diese einzige haltbare Auffassung der Methode
als einer Bestimmung des Umfanges der Apperception, also
jener Region maximaler Klarheit, wie diese nach ihrer gemein-
samen Leistung bestimmten Klarheitsgrade auch fernerhin bezeichnet
werden sollen, so unzweideutig als nur möghch vertreten. Entsprach
sie doch auch allein jener oben erwähnten Analyse des Klarheits-
bewusstseins überhaupt, die er bereits vor allen derartigen Experimenten
durchgeführt hatte. Nach sonstigen, vorliin ebenfalls angedeuteten
Angaben scheint sich ja vielleicht auch Oattell schließhch nur weniger
genau ausgedrückt zu haben.