Page 561 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung.
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      Abstrich  sofort von  einer  klar  festgestellten  bisherigen Ueberein-

      stimmung abhebt, bezw. die Letztere bis zum Schlüsse vorhanden
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      Die Gesammtvorstellung, welche  durch ihre  inhaltlichen Merkmale
      bereits  völlig  übersichtlich geghedert  ist, ermöglicht  also  hier  bis
      zum Schlüsse  lauter klare, widerspruchslos haltbare  Einzelurtheile.
      Dehnt sich hingegen  die Reihe der Einzelelemente,  bei denen hier
      natürlich nicht gerade an die einzelnen Tactschläge, sondern eben an
      die  entscheidenden Vergleichsmomente gedacht  ist,i) über  die  ge-
      fundene Grenze  weiter  aus, dann  sind die im Inhalt thatsächlich
      vorgefundenen oder durch geläufige Eintheilungen hineingebrachten
      Gliederungen wegen ihrer zu großen Zahl innerhalb der Gesammt-
      vorstellung nicht mehr mit gleicher Klarheit zu überschauen, so dass
      also wegen  dieses Mangels  nicht schon fortwährend beim Ablauf
      der Vergleichsreihe eine restlose successive Bewältigung der Gesammt-
      vorstellung mit  jeweils maximaler Klarheit und Sicherheit möglich
      gewesen  ist, sondern nur im Ganzen verglichen werden kann.
         Man könnte nun meinen, damit    sei doch gerade wiederum  eine
      gewisse Mittelbarkeit des Vergleiches innerhalb jenes gefundenen Um-

      fanges der präcisesten Urtheile behauptet.  Und dach braucht man
      nur zu berücksichtigen, dass die Leistung während des Ablaufes der
      Vergleichsreihe  nicht  in  der Wirkung  einer bloß  discursiven Ge-
      sammtvorstellung besteht, weil eine simultane unmöglich wäre.  Die
      successiven Urtheile während der zweiten Eeihe beziehen sich ja durch-
      weg nur   auf  die  sichere und  zielbewusste Subsumption  der  ent-
      sprechenden Elemente unter jene Gesammtvorstellung und setzen also
      gerade  die Fertigkeit und simultane Gegenwärtigkeit der Letzteren
      während der ganzen Dauer jener Succession bis zum letzten Gliede

      schon immer voraus.   Nur  die Angleichung des Vergleichsobjectes
      an  die Gesammtvorstellung ist naturgemäß  ein discursiver Vorgang,
      auf dessen  stetigem Fortschreiten  die  schließliche  sichere Wieder-
      erkennung des letzten Tactschlages als eines solchen beruht.

         Diese  discursive Subsumption  der Vergleichsreihe  ist aber, wie
      gesagt, von der klaren Uebersicht über  die innere Ghederung der
      Gesammtvorstellung abhängig, wie  sie eben nur  bis zu  einer be-
      stimmten Anzahl von Untergliedern möghch   ist.  Je mehr ein end-

            Vgl. die genaue Bestimmung derselben unter Absatz 6 dieses Capitels.
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