Page 567 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung.
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als ganzen Tact ifr Vs-Noten aufzufassen. Hierauf wird dann einem
weiteren Haupttheil des Ganzen in der nämlichen Weise eine klare
Auflösung zu theil werden, bis zum letzten. Bei aller Analogie zu
jenen tachistoskopisch gefundenen Werthen darf also doch niemals
übersehen werden, dass die beiderseits gefundenen Zahlenwerthe nur
deshalb so gut stimmen, weil ungefähr im Mittel jener maximale
Klarheitsgrad auf ein entscheidendes Element, d. h. auf einen Haupt-
tact in demjenigen Rückblick auf die ganze Reihe gerechnet werden
muss, der allein die jeweilige Subsumption des Haupttactes möglich
macht, der dann noch weiterhin irgendwie » aufgelöst < werden kann.
Allerdings weicht schließHch auch die Anzahl aller einzelnen Tact-
schläge doch nicht allzu sehr, etwa höchstens um das Doppelte von
den letzten Einheiten ab, die in geläufige Gruppen gebracht, eben
noch tachistoskopisch überblickt werden können, ca. 25; denn auch
die successive Auflösung der immer höchstens 4—6 Haupttheile darf
nicht so weit getrieben werden, dass die übrige Gesammtvorstellung
und ihre Gliederung allzusehr zurücktritt. Der üeberblick und die
richtige Angleichung bleibt ja nur dadurch fortdauernd ermöglicht,
dass wir bei jener Auflösung die eindeutig bewusste, nicht abgezählte
Stelle innerhalb der Gesammtvorstellung im Auge behalten und
niemals gezwungen sind, sie erst wieder reflectiv aus völliger Unklar-
heit hervorzuholen, wodurch wiederum auch die richtige Auffassung
des Späteren gestört würde.
Auch aus einem weiteren, ebenfalls schon behandelten Grunde
wird bei den Versuchen mit Tactreihen eine vollständigere Ausnützung
des Bewusstseinsumfangs gelingen als bei der tachistoskopischen Auf-
fassung geläufiger Complexe. Schon bei den letzteren erkannten wir
einen Vorzug wenigstens gegenüber der Auffassung un-
(S. 526 f.)
geläufiger Complexe darin, dass die Constituirung des neuen und im
einzelnen unei-w^arteten Bestandes doch nicht in allen Theilen erst
frisch geleistet werden müsse, wie es bei ebenso unerwarteten sinn-
losen Complexen der Fall sei. Noch etwas vollständiger wird aber
in einem einzigen AugenbHck mögliche Ausfüllung des
natürlich die
Bewusstseins mit Vorstellungen bestimmter Art erreicht werden, wenn
die augenbHckliche Situation überhaupt nicht erst in dem kritischen
Moment sich neu constituiren muss, wenn vielmehr ein allmählicher
Aufbau einer einzigen, in sich völlig einheitiich gegliedeilen Gesammt-