Page 568 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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556                       Wilhelm Wirth.

        Vorstellung sozusagen alle hierfür frei verfügbaren Kräfte in dem zu
        messenden Bestände angelegt und ins Gleichgewicht gebracht   hat.
       Der Grrundcharakter der ganzen Methode, doch wiederum eine simultan
       übersichtliche und unterscheidbare Zahl maximal   klarer Einheiten
       als hierbei  allein wirksames Fundament des Vergleichsurtheiles her-
       auszubilden, wird hierdurch natürlich nicht verändert.
           Ist aber einmal das Zusammenfassen der Einzelelemente zu Haupt-
       tacten als der entscheidende Factor anerkannt, der jenes sichere Ver-
       gleichsurtheil innerhalb der gefundenen Grenzen nach einem ähn-
       lichen Princip wie bei den tachistoskopischen Versuchen ermöglicht,
       dann  wird eine  experimentelle Beeinflussung  des Rhythmus  durch
       ausdrückliche Betonung   bestimmter  Tactschläge  u. dergl.  in  ver-
       schiedenen Tactformen  als passende Controle  zu verwerthen   sein.
       Gleichzeitig kommen hier alle jene Fragen in Wegfall, die sich bei den
       tachistoskopischen Versuchen daraus ergaben, dass eine Verwerth-
       barkeit der Geläufigkeit von Wortformen doch nur unter der Vor-
       aussetzung möglich  ist, dass wirklich sinngemäße Worte u.  s. w. dar-
       geboten werden. Der Aufbau von Haupttacten als einer Gesammtform
       der subjectiven Auffassung ist vielmehr selbst von speciellen Voraus-
       setzungen völlig unabhängig, es gibt hier ebenso wie bei den einfachen
       Figuren keine Möglichkeit des Widerspruches zwischen Symbol und
       Bedeutung.   Nach dem Bisherigen braucht wohl auch kaum noch
       darauf hingewiesen zu werden, dass auch gerade die Einschließung
       des gefundenen Umfanges in so scharf umschriebene Grenzen, über
       welche  hinaus  jenes  präcise Vergleichsurtheil  auf  einmal  versagt,
       ganz und   gar der Thatsache  entspricht,  dass eben nur Elemente
       mit maximaler Klarheit als Vergleichsmomente in Betracht kommen
       können und dass also über das Maximum derartig begünstigter Ein-
       heiten hinaus die einzig mögliche Grundlage für ein derartig promptes
       Vergleichsurtheil in Wegfall kommt. Nur für diejenigen Leistungen,
       in denen eine relativ hohe Beachtung der entscheidenden Elemente
       gefordert ist, konnte ja nach den Ueberlegungen von S. 535 eine relativ
       geringe  mittlere  Variation  für  einen  bestimmten  Spielraum  der
       Schwankungen des gesammten Umfanges erwartet werden, nicht aber,
       wenn relativ wenig beachtete, nur eben überhaupt bewusste Elemente
       den Ausschlag geben können.
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