Page 669 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
P. 669

Zur Theorie des Bewusstseinsumfanges und seiner Messung.
                                                                   657
     sind femer   auch die Fälle,  in denen  bei  geringeren Variationen
     von vorne herein ein deutliches Aehnlichkeitsbewusstsein (im
     sicheren Gegensatz zur Gleichheit) registrirt wurde.  Ueberhaupt dient
     diese Art von Versuchen sehr gut zur Demonstration    aller Schat-
     tirungen des Aehnlichkeitsbewusstseins von der sicheren Verschieden-
     heitserkenntniss bis zum sicheren Gleichheitsui-theil.  Allem Anschein
     nach wird auch noch für eine etwas größere Zahl von Elementen eine
     einmalige Exposition des Urcomplexes  die Verschiedenheit von der
     Gleichheit in dieser Weise  als  sicheres Verschiedenheitsbewusstsein
     einerseits und unsicheres Gleichheits- bezw.  sicheres Aehnlichkeits-
     bewusstsein im engeren Sinne anderseits unterscheiden lassen, gleich-
     gültig, wo die Variation stattfindet.  Natürhch sind überall die bisher
     bezeichneten Elemente und die entsprechende Variation vorausgesetzt.
     Die Versuche werden sich voraussichtHch noch bedeutend vereinfachen
     und ein noch einheitlicheres Resultat ergeben, wenn auch hier eine
     quaHtativ noch gleichartigere Variationsrichtung eingehalten wird als
     hier, wo die Variation irgend eine der 17 Figuren an die Stelle der
     anderen  setzte.  Doch  diente  diese mehr  qualitative Veränderung
     eben zugleich zu einer gewissen Abstufung der Variation unter diesen
     Bedingungen.  Für drei Figuren zeigte sich natürlich nicht nur eine
     entsprechend erhöhte Sicherheit des Urtheiles, vielmehr konnte bei
     Gleichheit oder einmaliger Variation der gesammte Complex auch im
     einzelnen  wiedergegeben  werden.  Eine  gleich umfassende  Unter-
     suchung über mehr   als 5 Figuren wurde noch nicht durchgeführt-
     Jedenfalls  ist aber auch schon aus diesen Versuchen mit Sicherheit
     zu entnehmen, dass der »maximale« Klarheitsgrad, den diejenige An-
     zahl von Figuren erreicht, die nach einmaliger Exposition unmittelbar
     wiedergegeben werden können, noch einer viel feineren ünterschieds-
     empfindlichkeit entspricht,  als sie durch die Merklichkeit einer Ver-
     tauschung der 17 Figuren in den angegebenen Grenzen repräsentirt
     wird.  Insbesondere entspricht die Ebenmerklichkeit der Verändenmg
     von Weiß in Schwarz und umgekehrt, unter den hier vorhandenen
     Versuchsbedingungen bereits einer viel geringeren Präcision der Auf-
     fassung.  Somit gestattet auch schon diese relativ rohe und primitive
     Methode, von der diese Untersuchungen ihren Ausgang nahmen und

     mit welcher  das  specielle Problem  vorläufig  allein  in  Angriff ge-
     nommen wurde,   für die  einmalige tachistoskopische Exposition über
        Wundt, Philos. Studien.  XX.                      42
   664   665   666   667   668   669   670   671   672   673   674