Page 680 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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ßßg                       Wilhelm Wirth.
      gehende Veränderungen repräsentirt.  Auch   hier  liegt die psycho-
      logisch bedingte Unmerklichkeit   bei  der Erhöhung  der Schwelle
      durch die extensive Concurrenz am klarsten zu Tage.      Damit ist
      natürlich nicht im mindesten die Wichtigkeit der rein peripheren
      Vorgänge   geleugnet,  welche,  abgesehen von  den psychologischen
      Gründen   für  die Unmerklichkeit     des Empfindungswechsels im
      Sinne  einer bei  jener Unmerklichkeit  bereits vorausgesetzten Aus-
      gleichung  der Erregungsdiscontinuitäten  wirken.  Gerade  bei dem
      Unterschied  von  Peripherie und Centrum    treten  bekanntlich  die
      letzteren um ihrer Differenzen willen klar zu Tage, insofern sie hier
      die  Klarheitsdifferenzen  bei  der gewöhnlichen Vertheilung   der
      Aufmerksamkeit sozusagen in zweckmäßiger Weise compensiren. Im
      allgemeinen aber wirken eben auch hier, wie so oft, z. B. beim Contrast,
      bei der extensiven Ausgleichung u.  s. w., peripherere und centralere
      Momente   auf  einen  gleichartigen  Enderfolg im  Bewusstsein  hin,
      ohne dass über dem    einen  das  andere übersehen werden   dürfte.
      Gerade  die Eigenart der bekannten Bedingungen für    die Leichtig-
      keit  der  »Verschmelzungen«  von  Lichtempfindungen   nach   dem
      Talbot 'sehen Gesetze scheint auf eine Mitwirkung der verschiedenen
      Größe der Veränderungsschwelle hinzuweisen.    Allerdings sind  die
      peripheren und vor allem auch die psychologischen Bedingungen für
      die Auffassung der Veränderung bei einmaliger Variation des con-
      tinuirlichen Urcomplexes, wie sie hier sowohl bei der unwissentlichen
      und unbeachteten Variation,  als auch bei Ableitung der »Normal-
      schwelle« mit Wissentlichkeit und Beachtung der Stelle (vergl. 4, 8)
      allein vorkommt, wohl immer noch hinreichend von den Verschmelzungs-
      bedingungen beim Farbenkreisel verschieden, wo überhaupt nur eine
      gleichmäßig fortlaufende Reihe »tachistoskopischer« Variationen statt-
      findet.  Die Schwelle wird bei  einmaliger Variation  voraussichtlich
      einen noch etwas größeren Werth ergeben und damit eine noch deut-
      lichere  Differenzirung  unter  den  verschiedenen Aufmerksamkeits-
      bedingungen gestatten. Wie sich die Resultate bei diesem »Vergleichs-
      oder Variationstachistoskop« im einzelnen gestalten, wird sich freilich
      erst nach ausgedehnteren Versuchen bestimmen    lassen.  Natürlich
      lassen sich nun die verschiedenen Dimensionen innerhalb der ganzen
      Anordnung so wählen, dass thatsächlich möglichst große Flächen des
      gesammten Sehfeldes beherrscht und tachistoskopisch  variirt werden
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