Page 678 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Differenz erzeugen, ist aber für uns hier natürlich kein Grund, um
nicht noch viel tiefer unter die dort begutachtete Expositionszeit von
10 bis 20^ heruntergehen zu können, weil ja hier gerade eine
Unterschiedsschwelle gesucht wird. Außerdem dürfte aber
bei völlig unwissentlichem Verfahren, bei dem es noch dazu auf eine
einzige Stelle des Sehfeldes ankommt, in welchem also der Zusammen-
fall von wanderndem Aufmerksamkeitsmaximum und der variirten
Stelle völlig zufällig und daher durch entsprechende Versuchszahl zu
eliminiren wäre, auch eine gewisse Ueberschreitung jenes Maximums
der Expositionsdauer gerechtfertigt sein, unter welchem die Variationen
der Reizzeit für die "Wahrnehmungszeit relativ irrelevant bleiben.
Ein zu großer Umfang der Reizzeit ist natürlich ebenfalls unvortheil-
liaft, weil der Fortschritt der entsprechenden Wahrnehmungsverände-
rung bis zu seinem Maximum ein immer langsamerer wird und
somit vor allem nur noch der schädliche Einfiuss der Wahmeh-
mungszeit zur Geltung kommt. Zudem dürften die unterhalb von
etwa 50 '^ als Maximalexpositionszeit möglichen Helligkeitsvariationen
vollständig ausreichen, um für einen großen Gesichtskreis die momen-
tanen Veränderungsschwellen zu bestimmen. Denn soviel ich aus
den bisherigen Versuchen bereits entnehmen konnte, ist selbst für
einen relativ großen Complex noch eine hinreichende Feinheit der
Auffassung für alle beliebigen unwissentlichen Variationen vorhanden.
Dabei ist natürlich auch hier die Differenz der Ablaufsweise der Er-
regung von Peripherie und Centrum zu berücksichtigen. Indessen
dürfte bei Concentration der Aufmerksamkeit auf die Mitte (trotz
der rascheren Ablaufsweise in der Peripherie) die Unterschiedsschwelle
für eine unwissentliche Variation entsprechend höher gelegt sein. Da-
für ist aber nun auch die Wahrscheinlichkeit einer nach der be-
treffenden Stelle gerichteten Aufmerksamkeitswanderung eine ent-
sprechend geringere, und somit wird man hier auch mit noch etwas
längeren Expositionszeiten den entsprechenden Variationsumfängen
sich nähern dürfen. Soweit die Zeit der Bewusstseinsvorgänge
selbst, d. h. die doppelseitige Veränderung des Ansteigens und Ab-
klingens als Veränderung der psychologischen Eindrucksfähigkeit der
Variation wirkt, also mit einer verschiedenen Fähigkeit, das ge-
suchte Vergleichsurtheil herbeizuführen, ist sie allerdings eine psycho-
logisch viel zu complicirte Variationsrichtung, um in exacteren