Page 1045 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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diesem Fall verliert man Verbündete und Macht, im andern nur
                Verbündete.
                     Doch kommen wir zu den kleinen Gefechten zurück. Ich sage also,

                wenn ein Feldherr eines neuen Feindes wegen durchaus zu einem
                solchen Gefecht gezwungen ist, so muß er es mit so großem Vorteil
                liefern, daß gar keine Gefahr zu verlieren dabei ist. Oder noch besser, er
                macht es wie Marius, als er gegen die Cimbern zog. Dies wilde Volk fiel
                plündernd in Italien ein S. Buch II, Kap. 12. und verbreitete großen
                Schrecken durch seine Wildheit und Menge sowie durch den Umstand,
                daß es schon ein römisches Heer geschlagen hatte. Bei Arausio (Orange)

                am Rhone wurden die Römer 105 v. Chr. von den Cimbern vernichtend
                geschlagen. Bevor Marius eine Schlacht lieferte, hielt er es daher für
                nötig, irgend etwas zu tun, um seinem Heere den Schrecken zu
                benehmen, den die Furchtbarkeit des Feindes ihm einflößte. Als
                gewiegter Feldherr stellte er sein Heer mehrmals an Orten auf, wo die
                Cimbern vorbeiziehen mußten, damit seine Soldaten aus ihrem

                befestigten Lager die Feinde betrachten und sich an ihren Anblick
                gewöhnen konnten. Sie sahen da nur einen ungeordneten Haufen mit
                vielem Gepäck und schlechten Waffen, ja teils ohne Waffen, schöpften
                wieder Vertrauen und wurden kampflustig. Diese weise Maßregel des
                Marius müssen auch andre sorgfältig nachahmen, um sich vor den oben
                genannten Gefahren zu hüten und nicht in die Lage der Gallier zu

                geraten, qui ob rem parvi ponderis trepidi in Tiburtum agrum et
                in Campaniam transierunt. (Die wegen eines unbedeutenden Vorfalls
                schleunigst in das Gebiet von Tibur und von da nach Campanien
                abzogen.) Und da wir hier den Valerius Corvinus erwähnten, so wollen
                wir im folgenden Kapitel mit seinen Worten zeigen, wie ein Feldherr
                sein soll.































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