Page 1047 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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anwandten, um den Mut alter Soldaten zu stählen, die mit einem
                ungewohnten Feind kämpfen sollten, so ist noch viel mehr Geschick
                nötig, wenn man ein neues Heer befehligt, das noch nie vor dem Feinde

                gestanden hat. Denn jagt ein ungewohnter Feind schon einem alten Heer
                Schrecken ein, so muß jeder Feind ein neues Heer mit noch viel
                größerem Schrecken erfüllen. Dennoch hat man oft gesehen, daß gute
                Feldherren aller dieser Schwierigkeiten mit größter Klugheit Herr
                wurden; wie der Römer Gracchus S. Buch III, Kap. 13, Abs. 3. und der
                Thebaner Epaminondas, S. Buch 1, Kap. 17 und 21. von denen wir
                früher sagten, daß sie mit neuen Truppen ganz alte, geübte Heere

                schlugen. Ihre Mittel waren, die Soldaten an Gehorsam und Kriegszucht
                zu gewöhnen und sie einige Monate in Scheingefechten zu üben; hierauf
                gingen sie mit größter Zuversicht zur wirklichen Schlacht über. Kein
                Kriegsmann braucht daher zu verzweifeln, sich ein gutes Heer zu bilden,
                wenn es ihm nur nicht an Leuten fehlt. Denn ein Fürst, der Überfluß an
                Menschen und Mangel an Soldaten hat, darf sich nicht über die Feigheit

                der Menschen, sondern allein über seine eigne Trägheit und Unklugheit
                beklagen.




















































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