Page 133 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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dann die stete Aufforderung des »Philosophen« bedeuten, man müsse
                sich üben, um die Sonne der Wahrheit zu schauen u. dgl. mehr, wenn
                Tausenden schon durch die Geburt das »unedle« Metall mit all seinen

                Schlacken und all seinem Unheile mitgegeben ist?. – Aber auch dieß,
                sagte ich, wäre gut, damit sie dereinst mehr den Staat und wechselseitig
                sich selbst zum Gegenstande ihrer Sorge machen würden; ich verstehe
                nemlich so ziemlich, was du hiemit meinst. Und dieß denn nun wird sich
                wohl so verhalten, wie es der göttliche Ausspruch lenkt.
                     22. Wir aber wollen diese Erdgebornen nun bewaffnen und unter
                Anführung ihrer Herrscher ausrücken lassen. Nachdem sie aber

                ausmarschirt sind, sollen sie sich umsehen, wo im Staate sie am besten
                ein Lager schlagen werden, um von dort aus sowohl die Einwohner am
                meisten im Zaume zu halten, falls Jemand den Gesetzen sich nicht fügen
                wollte, als auch die Auswärtigen abzuwehren, falls Jemand als Feind wie
                ein Wolf zur Heerde herankäme; nachdem sie aber Lager geschlagen
                haben, sollen sie die nöthigen Opfer verrichten, und dann sich

                Schlafstätten bereiten; oder wie anders? – Eben so, sagte er. – Nicht wahr
                also, derartige Schlafstätten, daß dieselben sowohl im Winter Schutz
                gewähren, als auch für den Sommer genügend sind? – Warum auch
                nicht? Wohnungen nemlich, sagte er, scheinst du mir hiemit zu meinen. –
                Ja, erwiederte ich; nemlich eben Krieger-Wohnungen, nicht aber
                Wohnungen für den Gelderwerb. – Wie meinst du hinwiederum, sagte er,
                daß letztere von ersten sich unterscheiden? – Ich will es versuchen, dieß

                dir anzugeben. – Nemlich das Schrecklichste von Allem und das
                Schimpflichste für Hirten ist doch wohl, wenn sie derartige Hunde in
                solcher Weise als Wächter der Heerde aufziehen, daß in Folge der
                Zügellosigkeit oder des Hungers oder irgend einer anderen schlechten
                Angewöhnung die Hunde selbst sich daran machen, den Schafen Böses
                zuzufügen, und so eher Wölfen als Hunden gleichen. – Ja, schrecklich,

                sagte er, ist es, und wie sollte es auch nicht? – Nicht wahr also, auf jede
                Weise muß man es verhüten, daß unsere Helfer nicht Derartiges gegen
                die Bürger, da sie denselben überlegen sind, verüben, nemlich daß sie
                nicht eher wilden Gebietern als wohlwollenden Bundesgenossen
                gleichen. – Ja, verhüten muß man dieß, sagte er. – Nicht wahr also, mit
                der größten Vorsicht hierin wären sie wohl schon ausgerüstet, woferne
                sie in Wahrheit gut erzogen sind? – Nun aber sind sie dieß ja schon, sagte

                er. – Und ich erwiederte: Dieß gerade soll man nicht zu sehr betheuern,
                mein lieber Glaukon; hingegen, was wir eben sagten, soll man betheuern,
                daß es nemlich nothwendig ist, daß jene die richtige Erziehung, welche
                immer sie sein mag, erlangen, woferne sie den wichtigsten Punkt dazu





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