Page 136 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Viertes Buch.
Inhaltsverzeichnis
1. Und Adeimantos griff nun in die Unterredung ein und sagte: Wie aber,
o Sokrates, wirst du dich verteidigen, wenn Jemand sagt, du machest
diese Männer gar nicht sehr glücklich, und zwar durch sie selbst, sie, in
deren Händen eigentlich der Staat liege, und welche dann doch nichts
Gutes vom Staate genießen wie alle Uebrigen, welche Ländereien
besitzen und sich schöne und große Häuser bauen und für dieselben eine
passende innere Einrichtung sich anschaffen und Privat-Opfer für die
Götter entrichten und Gastfreunde bewirthen und denn nun auch, was du
vorhin erwähnst, Gold und Silber und alles Uebrige besitzen, was für
jene allgemein als nothwendig gilt, welche glückselig sein sollen;
sondern so ziemlich, möchte man sagen, wie um Sold gemietete Helfer
scheinen sie in deinem Staate dazusitzen, indem sie nichts Anderes thun,
als eben nur Wache halten. – Ja, sagte ich, und zwar sind sie noch dazu
bloß um die Kost gedungen und erhalten außer der Kost keinen Lohn
mehr wie die Uebrigen, so daß nicht einmal, wenn sie für sich allein eine
Reise machen wollen, sie dieß können, und auch den Freudenmädchen
nichts schenken können, noch auch, wenn sie auf irgend etwas Anderes
Geld verwenden sollen, wie ja doch jene es verwenden, welche als die
Glücklichen gelten; dieß nemlich und viel anderes derartiges hast du bei
deiner Einwendung ausgelassen. – Nun gut aber, sagte er, es sei hiemit
auch dieß eingewendet. – Was wir also zu unserer Vertheidigung sagen
werden, frägst du? – Ja. – Auf eben dem nemlichen Pfade fortschreitend,
erwiederte ich, werden wir, wie ich glaube, auch finden, was wir sagen
müssen. Wir werden nemlich sagen, daß es wohl gar nichts
Wundersames sein dürfte, wenn auch auf diese Weise jene etwa doch
noch die glücklichsten wären, und daß wir ja nicht im Hinblicke darauf
unsern Staat gründen, daß uns irgend Eine Klasse in hervorragender
Weise glücklich sei, sondern darauf, daß so sehr als möglich der ganze
Staat es sei; denn wir glaubten B. II, Cap. 10. ja auch in einem solchen
zumeist die Gerechtigkeit finden zu werden und ebenso auch
hinwiederum in dem am schlechtesten eingerichteten die
Ungerechtigkeit, und dann wohl, wenn wir dieß erblickt hätten, auch
beurtheilen zu können, was wir schon längst suchen. Jetzt also gestalten
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