Page 129 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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sie in dieser Beziehung sein, als auch befähigt, und ferner auch muß
ihnen der Staat ein Gegenstand ihrer Sorge sein? – Ja, so ist es. –
Gegenstand der Sorge aber ist zumeist jenes, was man liebt? – Ja,
nothwendig. – Und nun aber möchte Jemand wohl jenes zumeist lieben,
für welches er das Nemliche als zuträglich erachtet wie für sich selbst,
und zwar auch, wenn er glaubt, daß bei dem Wohlergehen desselben
auch für ihn selbst ein Wohlergehen sich ergebe, im entgegengesetzten
Falle aber das Entgegengesetzte. – Ja, ebenso, sagte er. – Auszuwählen
also sind aus den übrigen Wächtern derartige Männer, von welchen bei
unserer Erwägung es sich zumeist zeigt, daß sie ihr ganzes Leben
hindurch dasjenige, was sie für den Staat als zuträglich erachten, mit
aller Bereitwilligkeit thun, was aber als nicht zuträglich, in keiner Weise
vollführen wollen. – Solche sind allerdings tauglich, sagte er. – Mir
scheint demnach, man müsse sie in allen Lebensaltern beobachten, ob sie
gute Wächter dieser Ansicht seien und weder durch eine Bezauberung
noch durch Gewalt jene Meinung, daß man thun müsse, was für den
Staat das beste ist, je vergessen und aus sich verbannen. – Welches
Verbannen, sagte er, meinst du hiemit? – Ich will es dir sagen, erwiederte
ich. Es scheint mir eine Meinung aus der Denkthätigkeit zu
entschwinden entweder in freiwilliger oder in unfreiwilliger Weise; in
freiwilliger nemlich die falsche Meinung aus demjenigen, welcher sich
eines Anderen belehren ließ, in unfreiwilliger aber jede wahre Meinung.
– Was hiebei das freiwillige Verbannen betrifft, sagte er, so verstehe ich
es, hingegen das unfreiwillige wünsche ich erst noch kennen zu lernen. –
Wie aber? sprach ich; hältst nicht auch du dafür, daß des Guten die
Menschen unfreiwillig beraubt werden, des Schlimmen aber freiwillig?
oder ist es nicht etwas Schlimmes, betreffs der Wahrheit getäuscht zu
sein, etwas Gutes aber, die Wahrheit zu besitzen? oder scheint es dir
nicht ein Besitz der Wahrheit zu sein, wenn man das wirklich Seiende in
seiner Meinung erfaßt? – Du hast aber hiemit Recht, sagte er, und es
scheinen mir die Menschen nur unfreiwillig ihrer wahren Meinung
beraubt zu werden. – Nicht wahr also, entweder durch Ueberlistung oder
durch eine Bezauberung oder durch Vergewaltigung widerfährt ihnen
dieß? – Auch jetzt noch, sagte er, verstehe ich es nicht. – Es kömmt ja
darauf hinaus, erwiederte ich, daß ich dunkel wie ein Tragiker spreche;
überlistete nemlich nenne ich diejenigen, welche eines Andern sich
belehren ließen und jene, welche Etwas vergaßen, weil nemlich den
Einen die Zeit, den Anderen eine begründende Rede ihre Meinung, ohne
daß sie es bemerken, benimmt; nemlich jetzt doch wohl verstehst du es?
– Ja. – Vergewaltigte hingegen nenne ich diejenigen, welche irgend ein
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