Page 125 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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sie als treffliche und tüchtige in unverdorbener Weise das Gerechte
                beurtheilen soll; darum denn nun zeigen sich die Wackeren in ihrer
                Jugend auch als gutmüthig Einfältige und können von den Ungerechten

                leicht getäuscht werden, weil sie ja in sich selbst keine Vorbilder
                besitzen, welche einen dem Schlechten ähnlichen Zustand enthalten. – Ja
                wohl, sagte er, gar sehr auch widerfährt ihnen wirklich dieß. – Demnach
                also, sprach ich, darf der tüchtige Richter nicht jung, sondern muß bereits
                ein Greis sein, welcher spät erst gelernt hat, was Ungerechtigkeit sei,
                indem er nicht etwa eine ihm eigenthümliche und in seiner eigenen Seele
                befindliche wahrgenommen hat, sondern sich bemühte, betreffs einer

                fremden in fremden Seelen nach langer Zeit herauszufühlen, welch ein
                Uebel sie sei, dabei nemlich ein Wissen, nicht aber selbsteigene
                Erfahrung in Anwendung bringend. – Wohl der edelste Mensch
                wenigstens, sagte er, scheint also der derartige Richter zu sein. – Ja, und
                eben ein tüchtiger, sagte ich, um welchen du nemlich vorhin fragtest;
                denn wer eine tüchtige Seele hat, ist tüchtig. Jener Gewandte hingegen

                und überall Schlechtes Argwöhnende, welcher selbst viel Ungerechtes
                verübt hat und sich selbst für einen Gewaltigen und Weisen hält, wird,
                wenn er mit seines Gleichen umgeht, sich als einen Gewandten zeigen,
                weil er sich bei dem Hinblicke auf die in ihm befindlichen Vorbilder
                wohl in Acht nimmt; wann er hingegen in die Nahe von Tüchtigen und
                bereits Aelteren kömmt, dann hinwiederum zeigt er sich als einen
                Unausstehlichen, weil er zur Unzeit mißtrauisch ist und nicht weiß, was

                ein unverdorbener Charakter sei, insoferne er ja kein Vorbild eines
                Derartigen besitzt; weil er aber eben häufiger auf Schlechte als auf Gute
                trifft, so scheint es sowohl ihm selbst, als auch anderen, daß er mehr
                weise als unwissend sei. – Ja, durchaus ist dieß wahr, sagte er. –
                     17. Nicht einen Derartigen demnach, sagte ich, darf man als den
                tüchtigen und weisen Richter suchen, sondern eben jenen Vorigen; denn

                die Schlechtigkeit wird niemals zur Erkenntniß ihrer selbst und der
                Vortrefflichkeit gelangen, hingegen die Vortrefflichkeit einer durch die
                Erziehung geregelten Begabung wird mit der Zeit das Wissen über sich
                selbst und über die Schlechtigkeit erfassen; weise also wird, wie mir
                scheint, ein Solcher, nicht aber der Schlechte werden. – Auch mir, sagte
                er, scheint es ebenso wie dir. – Nicht wahr also, auch eine Arzneikunst,
                wie wir sie oben angaben, wirst du in Verbindung mit einer derartigen

                Richter-Thätigkeit in unserem Staate gesetzlich feststellen, indem beide
                dir unter den Bürgern jenen, welche eine gute Begabung haben,
                bezüglich ihrer Körper und ihrer Seelen eine Pflege angedeihen lassen,
                die nicht gut Begabten aber theils, wenn sie bezüglich des Körpers so





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