Page 123 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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niemals aufhört, bezüglich des Körpers voll Schmerzen zu sein. – Ja,
                wahrscheinlich wohl, sagte er. – Nicht wahr also, sprach ich, auch von
                Asklepios wollen wir sagen, daß er von dieser Einsicht durchdrungen

                wohl für Diejenigen und deren Beschaffenheit, welche von Natur aus
                und durch ihre Lebensweise körperlich gesund sind, aber irgend eine
                vereinzelte Krankheit in sich haben, seine Arzneikunst darlege und,
                indem er durch Arzneien und durch Schneiden die Krankheiten aus ihren
                Körpern wegbringe, ihnen wieder die gewohnte Lebensweise
                vorschreibe, um ja dem Staatlichen keinen Schaden zuzufügen, daß er
                hingegen an die innerlich durchaus kranken Körper gar nicht Hand

                anlege, um etwa durch Verhaltungsregeln allmälig immer Etwas
                abzuschöpfen und wieder hinzuzuträufeln und so dem Manne ein langes
                und zugleich schlimmes Leben zu bewirken, und hiedurch, wie zu
                erwarten ist, auch die Nachkommenschaft derselben wieder als eine
                derartige hervorzurufen, sondern daß er der Ansicht sei, man dürfe
                denjenigen, welcher einmal in dem jeweilig bestehenden ZeitalterD. h.

                nach Plato’s Ansichten, wie wir sie unten (B. X, Cap. 15) finden werden,
                steht ja dem Nichts im Wege, daß eine Seele in einer späteren
                Weltperiode wieder einen Leib erhält, welcher vielleicht einer besseren
                Constitution, als der frühere, sich erfreuen kann (vgl. auch Phädon Cap.
                30 f. u. 57). nicht zu leben befähigt ist, überhaupt gar nicht pflegen, da
                dieß weder ihm selbst, noch dem Staate gewinnbringend sei. – Ein
                Staatsmann ja, sagte er, ist zufolge deiner Aeußerungen Asklepios. – Ja,

                klärlich, sagte ich; und auch seine Söhne möchten wohl zeigen, daß er
                ein solcher war; oder siehst du nicht, wie sie vor Troja als tüchtig im
                Kriege erschienen und von der Arzneikunst in der Weise, wie ich sage,
                Anwendung machten? oder erinnerst du dich nicht, daß sie auch dem
                Menelaos aus jener Wunde, welche ihm Pandaros versetzt hatte,
                     »das Blut aussogen, und dann lindernde Mittel auflegten«Ilias IV, V.

                218 (mit kleiner Abweichung).;
                     aber was jener hernach essen oder trinken solle, schrieben sie ihm
                ebenso wenig als dem Eurypylos vor, eben als seien die Arzneimittel
                genügend, um Männer zu heilen, welche vor der Verwundung gesund
                waren und eine ordentliche Lebensweise führen, selbst wenn sie dann
                sogleich nach der Verwundung jenen Mischtrank von Wein und Käse
                tränken; von jenem hingegen, welcher von Natur aus kränkelt und ein

                zügelloses Leben führt, glaubten sie, es nütze weder ihm selbst, noch den
                Uebrigen, wenn er lebe, und für diese sei die Arzneikunst gar nicht da,
                noch dürfe man sie pflegen, selbst wenn sie reicher als Midas wären. –







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