Page 122 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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loszukommen; wenn ihm aber Jemand jene im Kleinen wirkende Diät
verschriebe, indem er ihm Käppchen auf das Haupt legte oder was sonst
dergleichen ist, so würde er bald sagen, daß er keine Zeit habe, krank zu
sein, und ein solches Leben ihm nicht gewinnbringend sei, wo er seine
Gedanken auf die Krankheit richten, die ihm obliegende Arbeit aber
vernachlässigen müßte; und hierauf würde er dem derartigen Arzte
Lebewohl sagen und, nachdem er zur gewohnten Lebensweise
zurückgekehrt, gesund werden und sein Geschäft vollführend leben; falls
aber der Körper nicht stark genug wäre, dieß zu ertragen, würde er
sterben und aller Plage überhoben sein. – Ja, und für einen Derartigen
wohl, sagte er, scheint es zu passen, in dieser Weise von der Arzneikunst
Gebrauch zu machen. – Wohl eben, sprach ich, darum, weil er ein
Geschäft hatte, ohne dessen Betrieb ihm das Leben nicht
gewinnbringend wäre. – Ja, dieß ist klar, sagte er, – Der Reich aber denn
nun hat, wie wir sagen, kein derartiges ihm obliegendes Geschäft, bei
dessen nothgedrungenem Aufgeben er nicht mehr leben könnte. – Sicher
nicht; so sagt man wenigstens. – Auf den Spruch des
PhokylidesPhokylides von Milet, dessen Blüthezeit ungefähr zwischen
550 und 540 v. Chr. fällt, war ein gnomischer und elegischer Dichter von
ebenso bedeutender künstlerischer Begabung, als wahrhaft edlem und
sittlichem Charakter. nemlich hörst du wohl nicht, wenn er sagt, man
müsse, sobald man erst zu leben habe, Vortrefflichkeit üben, – Ich glaube
aber ja, sagte er, wohl auch schon vorher. – Hierüber, sprach ich, wollen
wir mit ihm nicht streiten, sondern darüber uns selbst belehren, ob
Letzteres überhaupt der Reiche betreiben müsse und er, wenn er dieß
nicht thue, nicht mehr leben könne, oder ob jenes förmliche Nähren der
Krankheit wohl bloß für die Tätigkeit des Handwerkers und für die
übrigen Künste ein Hemmniß der Aufmerksamkeit des Sinnes sei, dem
Rathe des Phokylides hingegen durchaus nicht im Wege stehe. – Ja
wahrlich, bei Gott, sagte er, darüber wollen wir uns belehren. – So
ziemlich ja von Allem zumeist gilt dieß wenigstens von jener über die
Gymnastik hinausgehenden und übermäßigen Sorgfalt für den Leib;
denn dieß ist sowohl für Führung des Hauswesens, als auch für Feldzüge
und für sitzende Geschäfte im Staate etwas Mißliches; das Wichtigste
aber denn nun ist, daß sie auch für jedwedes Lernen und Nachdenken
und für jede innere Betriebsamkeit gefährlich ist, indem sie immer
Kopfschmerzen und Schwindel befürchtet und hievon dem
Weisheitsstreben die Schuld beimißt, so daß, wo sie waltet, sie ein
Hemmniß dagegen ist, daß man in der Vortrefflichkeit sich übe und
erprobe; denn sie bewirkt, daß man stets krank zu sein glaubt und
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