Page 233 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Gerechte und Schöne und Besonnene und all Derartiges, als auch
                hinwiederum auf das in den Menschen Befindliche, und würden in einer
                Mischung und Vereinigung der verschiedenen Thätigkeiten ihnen das

                Menschenähnliche einpflanzen, von jenem es entnehmend, was auch
                Homeros, wenn es bei Menschen sich findet, ein Gottartiges und
                Gottähnliches nenntBeide Worte kommen bei Homer sehr häufig vor,
                stets aber nur von physischen Vorzügen, z. B. »göttergleiche Gestalt des
                Leibes« u. dgl.. – Du hast Recht, sagte er. – Und das Eine also, glaube
                ich, würden sie ausstreichen und Anderes wieder hineinzeichnen, bis sie
                so sehr als möglich im höchsten Grade menschliche Sitte zu einer

                gottgefälligen gemacht haben. – Die herrlichste Zeichnung wenigstens,
                sagte er, möchte dieß werden. – Werden wir also, sprach ich, nun wohl
                jene überzeugen, welche, wie du sagtest B. V, Cap. 18., in gespannter
                Hast auf uns losrennen würden, daß nemlich wirklich ein Derartiger der
                Zeichner der Staatsformen sei, welchen wir damals ihnen gegenüber
                lobten, und um dessen willen sie uns zürnten, daß wir ihm die Staaten

                anvertrauen wollten, und werden jene, wenn sie es jetzt in noch höherem
                Grade hören, sich besänftigen? – Ja gewiß, sagte er, woferne sie
                besonnen sind. – Wie sollten sie ja auch es bestreiten können? etwa
                damit, daß die Weisheitsliebenden nicht wirklich Liebhaber des Seienden
                und der Wahrheit seien? – Dieß wäre ja ungereimt, sagte er. – Aber etwa
                damit, daß die Begabung derselben, wie wir sie durchgingen, nicht dem
                an sich Besten angehöre. – Nein, auch mit diesem nicht. – Wie aber?

                etwa daß die derartige Begabung, wenn sie die ihr gebührenden
                Thätigkeiten findet, nicht in vollkommener Weise eine gute und
                weisheitsliebende sein werde, wenn je es überhaupt eine Begabung sein
                kann? oder werden sie etwa von jenen es eher behaupten, welche wir
                ausgeschieden haben? – Doch wohl hoffentlich nicht. – Werden sie also
                noch sich wild geberden, wenn wir behaupten, daß, ehe nicht das

                weisheitsliebende Geschlecht in einem Staate die Oberhand gewonnen
                hat, es weder für den Staat, noch für die Bürger ein Aufhören der Uebel
                gebe, noch auch jene Staatsform, welche wir dichterisch in unseren
                begründenden Worten darstellten, jemals tatsächlich ihre Vollendung
                finden werde? – Vielleicht, sagte er, werden sie weniger wild sich
                geberden. – Willst du etwa, erwiederte ich, daß wir nicht bloß sagen, sie
                seien weniger wild, sondern vollständig sanft geworden und hinreichend

                überzeugt. um, wenn auch aus keinem anderen Grunde, doch aus Scham
                es uns zuzugestehen? – Ja wohl, allerdings, sagte er. –
                     14. Diese demnach, sprach ich, mögen hievon als überzeugt gelten.
                Könnte aber dieß wohl Jemand bestreiten, daß nicht auch zufällig wohl





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