Page 238 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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sie zugestehen, das Nemliche sei ein Gutes und ein Schlimmes; oder wie
sonst? – Warum auch nicht? – Nicht wahr also, daß große und viele
streitige Punkte über das Gute bestehen, ist augenfällig? – Wie sollte es
auch nicht so sein? – Wie aber? ist nicht auch dieß augenfällig, daß
bezüglich des Gerechten und des Schönen gar Viele es vorziehen, bloß
das Anscheinende, auch wenn es nicht wirklich so ist, dennoch zu
verüben und zu besitzen und selbst in ihrem Wesen scheinbar zu haben,
hingegen bezüglich des Guten es Keinem mehr genügen will, bloß das
Anscheinende zu besitzen, sondern hier sie das Wirkliche suchen und ein
Jeder den bloßen Schein verschmäht. – Ja wohl, gar sehr, sagte er. – Und
wenn denn nun nach diesem eine jede Seele strebt und um dessen willen
Alles thut, indem sie wohl ahnt, daß es Etwas sei, aber rathlos und ohne
Mittel ist, genügend zu erfassen, was es sei, und hiefür auch nicht wie
bei anderen Dingen eine Beglaubigung finden kann, und sie wegen
desselben auch bei den übrigen Dingen des sich etwa ergebenden
Nutzens verlustig geht, wollen wir dann etwa behaupten, daß betreffs des
so beschaffenen und so wichtigen Dinges in solcher Weise auch jene
Besten im Staate im Finstern wandeln sollen, in deren Hände wir ja Alles
legen? – Nein, gewiß am allerwenigsten, sagte er. – Ich glaube
wenigstens, sprach ich, daß das Gerechte und das Schöne insoferne an
ihnen mißkannt würde, in welcher Beziehung sie ein Gut seien, dann
wohl für sich einen Wächter von gar geringem Werthe besäßen, der
nemlich dieß mißkennen würde; ich ahne aber sogar, daß wohl Keiner
auch jene anderen selbst eher genügend erkennen werde. – Richtig ja,
sagte er, ist deine Ahnung. – Nicht wahr also, unser Staat wird erst
vollständig geordnet sein, wenn der derartige Wächter, welcher das
Wissen von diesem besitzt, der Aufseher ist. –
18. Ja, nothwendiger Weise, sagte er; aber wie steht es mit dir selbst,
o Sokrates? behauptest du, daß das Gute ein Wissen, oder daß es ein
Vergnügen sei, oder daß etwas Anderes außer diesen? – Wahrlich, ein
Mann warst du in herrlicher Weise, sprach ich, und schon längst zeigte es
sich offenkundig, daß dir über diese Dinge nicht genügen werde, was
Anderen dünkt. – Es zeigt sich mir auch als ein Unrecht, o Sokrates,
sagte er, wenn ich wohl bloß Ansichten der Anderen anzuführen hätte,
eigene aber keine, nachdem ich doch so lange Zeit mich hiemit
beschäftigte. – Wie aber? sagte ich; scheint es dir gerecht zu sein, über
Dinge, welche man nicht weiß, wie ein Wissender zu sprechen? –
Keineswegs, erwiederte er, wie ein Wissender; jedoch daß er wie ein
Meinender jenes aussprechen wolle, was er meint. – Wie aber? sagte ich;
hast du nicht bemerkt, daß die nicht mit Wissen verbundenen Meinungen
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