Page 234 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Sprößlinge von Königen oder Machthabern vermöge ihrer Begabungen
                als weisheitsliebend geboren werden könnten? – Nein, Niemand, sagte
                er. – Wenn aber Derartige geboren sind, kann man dann behaupten, daß

                diese durchaus nothwendiger Weise zu Grunde gehen müssen? denn daß
                ihre Erhaltung wohl schwierig ist, gestehen auch wir selbst zu; aber daß
                in der gesamten Zeit unter Allen auch nicht ein Einziger erhalten bliebe,
                kann wohl Niemand streitend behaupten. – Wie sollte man auch? – Nun
                aber, sagte ich, genügt ja ein Einziger, wenn er da ist und einen ihm
                gehorchenden Staat besitzt, um all jenes bis jetzt Unglaubliche in’s Werk
                zu setzen. – Ja, allerdings genügt er, sagte er. – Wenn Ja nemlich, sprach

                ich, ein Herrscher die Gesetze und die Thätigkeiten, wie wir sie
                durchgegangen haben, feststellt, so ist es doch wohl nicht unmöglich,
                daß die Bürger solches ausführen wollen? – Nein, in keinerlei Weise. –
                Daß aber denn nun dasjenige, was uns dünkt, auch Anderen dünke, soll
                dieß gar so sehr zu verwundern oder etwa unmöglich sein? – Ich
                wenigstens glaube nicht, sagte er. – Daß es aber ja das Beste wäre,

                woferne es möglich wäre, dieß haben wir, glaube ich, in dem Obigen
                genügend erörtert B. V, Cap. 7, s. obige Anm. 201.. – Ja, genügend. –
                Jetzt demnach ergibt sich uns, wie es scheint, daß bezüglich der
                Gesetzgebung jenes, was wir sagen, das Beste ist, falls es wirklich
                eintritt, daß aber das wirkliche Eintreten wohl schwierig, nicht jedoch
                unmöglich ist. – Ja, dieß ergibt sich uns. –
                     15. Nicht wahr also, nachdem dieses zur Noth sein Ende gefunden,

                müssen wir hiernach nun das Uebrige angeben, auf welche Weise und in
                Folge welcher Unterrichtsgegenstände und Thätigkeiten uns jene
                Erhalter des Staates sich einfinden werden, und in welchen Altersstufen
                sie jedes Einzelne hievon ergreifen müssen? – Ja, allerdings, sagte er,
                müssen wir dieß angeben. – Nichts also, erwiederte ich, nützte mir jene
                Schlauheit, als ich in dem Früheren die Schwierigkeit bezüglich des

                Besitzes der Weiber und die Kinder-Erzeugung und die Aufstellung der
                Herrscher überging B. IV, Cap. 3, s. obige Anm. 147., wohl wissend, daß
                die gänzlich wahre Aufstellung derselben sowohl mißfällig, als auch
                bezüglich des wirklichen Eintretens schwierig sein würde; denn jetzt ja
                kam nichts desto weniger die Nothwendigkeit, dieß durchzugehen; und
                was nun hiebei die Weiber und Kinder betrifft, so haben wir es schon zu
                Ende gebracht, aber das die Herrscher Betreffende müssen wir gleichsam

                wieder von Vorne erörtern; wir sagten aber ja schon, wenn du dich
                dessen erinnerst B. III, Cap. 20., daß dieselben als Freunde des Staates
                sich zeigen müssen, erprobt in Vergnügungen und in Schmerzen, und daß
                sie diese ihre Gesinnung weder in Fällen der Anstrengung, noch in jenen





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