Page 236 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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übergingen, jetzt aussprechen, daß man sie in vielen
                Unterrichtsgegenständen üben soll, erwägend, ob ihre Begabung auch
                befähigt sei, die höchsten Unterrichtsgegenstände zu ertragen, oder ob

                sie feig zurückweiche, wie diejenigen, welche in anderen Dingen feig
                weichen. – Ja, es geziemt sich allerdings, sagte er, in dieser Weise es zu
                erwägen; aber welche meinst du denn unter jenen höchsten
                Unterrichtsgegenständen? –
                     16. Du erinnerst dich doch wohl, sagte ich, daß, indem wir drei
                Formen der Seele auseinander hielten, wir sie wieder bezüglich dessen
                zusammenführten, was die Gerechtigkeit und die Besonnenheit und die

                Tapferkeit und die Weisheit sei B. IV, Cap. 12–15.. – Ja, allerdings, wenn
                ich mich hieran nicht erinnern würde, sagte er, wäre ich auch nicht
                würdig, das noch Uebrige zu hören. – Erinnerst du dich also auch an das,
                was jenem vorherging? – Was meinst du denn hiemit? – Wir sagten ja
                Ebend. Cap. 11; s. obige Anm. 162., daß, um dieß so trefflich als
                möglich einzusehen, es einen anderen längeren Umweg gebe, nach

                dessen Durchwanderung jenes offenbar würde, daß es jedoch auch
                möglich sei, Nachweise dort anzuknüpfen, welche im Zusammenhange
                mit früher Gesagtem wären; und ihr sagtet dann, es genüge euch so
                schon, und es wurde hiemit auf diese Weise das Damalige bezüglich der
                Genauigkeit in einer, wie mir sich’s zeigte, mangelhaften Weise
                gesprochen, falls aber in einer für euch genügenden Weise, so mögt ihr
                hiemit dieß offen sagen. – Aber mir wenigstens, sagte er, schien es

                damals gerade das rechte Maß zu haben; und so zeigte sich’s ja auch den
                Anderen. – Aber, mein Freund, erwiederte ich, ein Maß, welches bei
                Derartigem auch nur im geringsten hinter dem wirklich Seienden
                zurückbleibt, ist nicht leicht das rechte Maß, denn kein Unvollendetes ist
                ein Maß irgend eines Dinges; es scheint aber wohl zuweilen Einigen
                bereits genügend vorzuliegen und daher nicht mehr nöthig, weiter zu

                forschen. – Ja wohl, sagte er, gar Vielen begegnet dieß aus Leichtsinn. –
                Aber ein solches Begegniß ja, sagte ich, kann am wenigsten ein Wächter
                des Staates und der Gesetze brauchen. – So scheint es, sagte er. – Den
                längeren Umweg demnach, mein Freund, sprach ich, muß der Derartige
                durchwandern, und nicht weniger beim Lernen, als bei der Leibesübung
                muß er sich plagen, oder außerdem wird er in jenem von uns so eben
                erwähnten höchsten Unterrichtsgegenstande, welcher ihm auch am

                meisten gebührt, niemals an’s Ende gelangen. – Ist denn also jenes, sagte
                er, nicht das Höchste, sondern gibt es noch etwas Höheres, als die
                Gerechtigkeit und all jenes, was wir durchgingen? – Ja, erwiederte ich,
                sowohl gibt es ein Höheres, als auch soll man von eben jenen nicht bloß





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