Page 242 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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jenes, was mit Finsterniß gemacht ist, nemlich auf das Entstehende und
Vergehende, meint sie bloß und ist stumpfsichtig, nach Oben und nach
Unten ihre Meinungen hin und her werfend, und gleicht hinwiederum
einem nicht mit Vernunft Begabten. – Ja, diesem gleicht sie. – Dieß also,
was den Gegenständen des Erkennens ihre Wahrheit verleiht und dem
Erkennenden diese Fähigkeit verschafft, magst du hiemit die Idee des
Guten nennen, als Ursache aber des Wissens und der Wahrheit denke sie
dir wohl, insoferne diese eben von uns erkannt werden, hingegen wenn
du, während diese beiden, nemlich Erkenntniß und Wahrheit, schon
etwas so Herrliches sind, sie selbst noch für etwas Anderweitiges und
noch Herrlicheres hältst, so wirst du der richtigen Ansicht sein. Wissen
und Wahrheit aber soll man, sowie auch dort es richtig ist, Licht und
Gesichtssinn für etwas Sonnenartiges, nicht aber für die Sonne selbst, zu
halten, ebenso auch auf diesem Gebiete wohl beide für etwas dem Guten
Verwandtes, keines von beiden aber für das Gute selbst, halten, sondern
noch höher den Zustand des Guten selbst stellen. – Eine
unaussprechliche Herrlichkeit ja, sagte er, meinst du hiemit, wenn sie
Wissen und Wahrheit uns verschafft, sie selbst aber an Herrlichkeit noch
über diese erhaben ist; nemlich als Vergnügen ja bezeichnest du hiemit
sie wohl nicht. – Sprich kein frevles Wort, sagte ichEs wird nemlich
hiemit von den oben erwähnten zwei Ansichten, daß das Gute im
Vergnügen bestehe, oder daß es das Wissen sei (s. den Anf. d. 17. Cap.),
die erstere als wahre Blasphemie zurückgewiesen, und auch die letztere
ist durch das Bisherige beseitigt, insoferne das Gute als jene höhere
Macht bezeichnet wurde, durch welche erst die Fähigkeit des Denkens
und Wissens verliehen wird.; sondern erwäge auf folgende Weise noch in
höherem Grade den bildlichen Ausdruck des Guten. – Auf welche
Weise? – Du wirst behaupten, daß die Sonne den sichtbaren Dingen nicht
bloß die Fähigkeit des Gesehenwerdens verleiht, sondern auch ihr
Entstehen und ihren Wachsthum und ihre Nahrung, jedoch ohne daß sie
das Entstehen selbst ist. – Wie sollte sie auch dieß selbst sein? –
Demnach sagen wir, daß auch für die Gegenstände des Erkennens nicht
bloß das Erkanntwerden in Folge des Guten bestehe, sondern auch ihr
Sein und ihre Wesenheit ihnen in Folge desselben zukomme, jedoch
ohne daß das Gute die Wesenheit selbst ist, sondern noch jenseits der
Wesenheit an Erhabenheit und Kraft dieselbe überragt. –
20. Und Glaukon sagte in gar lächerlicher Weise: beim Apollo, eine
ungeheuere Ueberschwenglichkeit! – Du bist ja selbst hieran schuld,
erwiederte ich, da du mich nöthigst, hierüber auszusprechen, was mir
dünkt. – Du sollst ja auch keineswegs hierin aufhören, sagte er,
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