Page 268 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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unbrauchbaren zu einer brauchbaren machen wollen. – Wahrlich, eine
vielmal größere Thätigkeit, sagte er, schreibst du vor, als jene ist, wie
man jetzt Astronomie betreibt. –
12. Ich glaube aber ja, sprach ich, daß wir auch bei dem Uebrigen in
der nemlichen Weise es vorschreiben werden, wenn wir als Gesetzgeber
irgend Etwas nützen sollen. Aber welchen anderweitigen passenden
Unterrichtsgegenstand kannst du nun erwähnen? – Sogleich auf der
Stelle, sagte er, kann ich keinen erwähnen. – Aber nicht Eine Form ja,
sondern mehrere Formen, erwiederte ich, bietet jene Raumbewegung dar,
wie ich glaube; sie nun sämmtlich anzugeben, ist vielleicht jener im
Stande, welcher schon ein Weiser ist; zwei aber sind es, welche auch uns
deutlich sind. – Welche zwei wohl? – Außer dem so eben Angegebenen,
sagte ich, auch noch seine Kehrseite. – Welche ist dieß? – Es kömmt
wohl darauf hinaus, sagte ich, daß, sowie zur Astronomie hin unsere
Augen festgebannt sind, ebenso zur harmonischen Raumbewegung hin
unsere Ohren festgebannt seien, und hiemit dieß zwei mit einander
verschwisterte Wissenschaften seien, wie sowohl die Pythagoreer
behauptenNatürlich ist hiemit die sog. Harmonie der Sphären gemeint; s.
m. Uebers. d. griech. Phil. S. 20. Zu Plato’s Ansichten mußte es ja
trefflich passen, daß die Pythagoreer gerade die Unhörbarkeit der
Sphären-Musik ausdrücklich begründeten., als auch wir, o Glaukon, dieß
ihnen zugestehen; oder wie wollen wir sonst es machen? – Ja, eben so,
sagte er. – Nicht wahr also, sprach ich, da dieß ein viel umfassender
Gegenstand ist, so wollen wir eben von Jenen uns berichten lassen, wie
sie sich hierüber und auch sonst noch in anderen Dingen aussprechen,
wir selbst aber wollen neben all diesem unseren Standpunkt bewahren. –
Welchen? – Daß unsere Zöglinge niemals versuchen, etwas Zweckloses
zu lernen, oder was nicht stets dorthin ausläuft, wohin ja Alles zuletzt
sich erstrecken soll, wie wir dieß so eben betreffs der Astronomie
angaben. Oder weißst du nicht, daß die Leute auch betreffs der Harmonie
anderweitiges Derartiges thun; daß sich nemlich auch hier hinwiederum
die durch das Gehör wahrgenommenen Akkorde und Klänge gegenseitig
messen und hiebei ebenso, wie die Astronomen, sich erfolglos plagen? –
Ja, bei Gott, sagte er, wirklich in lächerlicher Weise jaAlso die
angestrengteste Genauigkeit, welche zu der sinnlichen Wahrnehmung
noch die feinsten Unterschiede zu beachten sich bemüht, erscheint dem
Philosophen Plato als etwas »Lächerliches«. sprechen sie von irgend
Häufungen der Schwingungen und recken die Ohren hin, wie wenn sie
von einem Nachbar einen Laut erlauschen wollten, und dann sagen die
Einen, daß sie noch in der Mitte zwischen zwei Tönen einen Schall
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