Page 265 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
P. 265
erfunden zu seinEs hatte nemlich Plato von der Geometrie, unter
welcher, wie der Zusammenhang zeigt, nur die Epipedometrie
verstanden ist, sogleich auf die Astronomie übergehen wollen, corrigirte
sich aber gleichsam selbst, insoferne ja eine Zwischenstufe zwischen der
Lehre von den Flächen-Figuren und der Astronomie (d. h. der
Wissenschaft von den im Raume bewegten Körpern) eben die Lehre von
den Körpern sein müsse, welche wir bekanntlich Stereometrie nennen;
und letztere war zur Zeit Plato’s allerdings noch in den Kinderschuhen,
denn z. B. das sog. Delische Problem, d. h. die Aufgabe, einen Würfel zu
construiren, welcher zweimal so groß als ein gegebener ist, galt kurz vor
Plato noch als unlösbares Räthsel; ungefähr ein Jahrhundert nach Plato
aber steht die Stereometrie in dem bekannten Lehrbuche des Euklides
schon in hoher Vollendung vor uns. Uebrigens müßten wir nach unserem
jetzigen Standpunkte noch eine weitere Zwischenstufe einschieben;
nemlich insoferne wir den Einen Haupttheil der Astronomie als
Himmels-Mechanik bezeichnen dürfen, würde nach der Stereometrie die
Mechanik vor der Astronomie zu setzen sein; die Mechanik aber
erscheint in wissenschaftlicher Form erst bei Archimedes ein halbes
Jahrhundert nach Euklides.. – Aus einer doppelten Ursache, sagte ich;
nemlich sowohl weil kein Staat Solches in Ehren hält, wird es, indem es
auch wirklich schwierig ist, nur schwach untersucht, als auch bedürfen
jene, welche es untersuchen, eines Leiters, ohne welchen sie es nicht
leicht finden dürften; ein Solcher aber dürfte erstens schwer sich finden,
und sodann auch, wenn sich Einer fände, würden, wie es jetzt steht, die
mit solchen Untersuchungen sich Beschäftigenden wohl aus Hochmuth
ihm nicht gehorchen; hingegen wenn ein ganzer Staat die Leitung
übernähme und jenes in Ehren hielte, so würden sowohl diese gehorchen,
als auch durch fortwährende und angestrengte Untersuchung das ganze
Verhältniß jenes Gegenstandes klar werden, da ja selbst jetzt, während
die Meisten ihn mißachten und verstümmeln, die ihn Untersuchenden
aber keinen Begriff davon haben, wozu er wahrhaft brauchbar
seiNemlich eben zur Förderung des idealen Wissens., er dennoch gegen
all diese Hindernisse mit Gewalt in Folge seiner Reize gedeiht, und es
demnach nicht zu wundern wäre, wenn er wirklich einmal zu Tage träte.
– Ja, allerdings etwas Reizendes, sagte er, hat er in ausnehmendem
Grade. Aber gib mir nun deutlicher an, was du so eben sagtest; du hast
nemlich doch wohl die Lehre von den Flächen als Geometrie bezeichnet?
– Ja, sagte ich. – Hierauf aber hast du zuerst die Astronomie nach ihr
gestellt, später aber bist du wieder zurückgegangen. – Ja, in meiner Eile,
Alles schnell durchzugehen, sagte ich, bewirke ich nun sogar eher einen
264