Page 262 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Eins an und für sich zu sprechen, dann in ein Gelächter ausbrechen und
                Solches nicht gelten lassen, sondern, wenn du das Eins noch spaltest, so
                vervielfältigen Jene die von dir angenommenen Theile, davor sich in

                Acht nehmend, daß das Eins etwa nicht als Eins, sondern als eine
                Vielheit von Theilen erscheinen könnteD. h. wohl, wenn an der Idee des
                Eins festgehalten werden soll, so muß der Theilbegriff fern gehalten
                werden, und wenn z. B. Jemand sagen würde, daß ja das Eins aus fünf
                Fünfteln bestehe, so müßte hiegegen eingewendet werden, daß bei diesen
                Worten schon die Idee des Eins verlassen sei, und man von einer anderen
                Idee, nemlich der des Fünf, gesprochen habe, welche ja nach Plato

                sowohl bei der Division durch Fünf, als auch bei der Multiplication mit
                Fünf das Maßgebende ist; vgl. m. Anm 45 z. Phädon.. – Völlig wahr,
                sagte er, sprichst du. – Was also glaubst du wohl, o Glaukon, wenn man
                sie fragen würde: »Ihr Wunderlichen, von welchen Zahlen sprecht ihr
                denn, in welchen das Eins sich derartig finde, wie ihr es verlangt, so daß
                jedes ganz jedem gleich und ohne den geringsten Unterschied und ohne

                irgend einen Theil innerhalb seiner selbst wäre?« – was also glaubst du,
                daß sie antworten würden? – Ich glaube, sie würden antworten, daß sie
                über jene sprechen, welche man nur denken kann, in keiner anderen
                Weise aber zu ergreifen vermag. – Siehst du also, mein Freund, sagte ich,
                wie es uns in der That darauf hinauskömmt, daß jener
                Unterrichtsgegenstand ein nothwendiger ist, da er ja offenbar die Seele
                nöthigt, die Denkthätigkeit selbst zur Wahrheit anzuwenden? – Und

                wirklich ja in hohem Grade, sagte er, thut er dieß. – Wie aber? hast du
                auch das schon erwogen, daß sowohl die von Natur aus zum Rechnen
                Begabten so zu sagen für sämmtliche Unterrichtsgegenstände eine
                Schärfe des Geistes zeigen, als auch die Stumpfen, sobald sie in diesem
                Gegenstande gebildet und geübt wurden, wenigstens, wenn sie auch
                keinen andern Nutzen hievon haben, doch sämmtlich im Vergleiche mit

                ihnen selbst einen Zuwachs an Schärfe erfahren. – Ja, so ist es, sagte er. –
                Und wirklich möchtest du nicht leicht einen Gegenstand finden, welcher
                dem Lernenden und Einübenden mehr Anstrengung verursache, oder
                auch nicht viele Gegenstände, welche eine gleiche wie dieser
                verursachen. – Nein, allerdings nicht. – Aus all diesen Gründen demnach
                dürfen wir diesen Unterrichtsgegenstand nicht bei Seite lassen, sondern
                jene, welche die besten Begabungen haben, in demselben heranbilden. –

                Ja, ich behaupte dieß mit dir, sagte er. –
                     9. Dieß also möge uns nun hiemit, sagte ich, als das Eine feststehen;
                das Zweite aber, welches an dieß sich anreiht, wollen wir nun erwägen,
                nemlich, ob es etwa gleichfalls für uns passe. – Was meinst du hiemit?





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