Page 408 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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25. Also sagte Afrikanus, Staat [oder Gemeindewesen, eigentlich

                Gemeinsache] ist Volkssache.         121  Volk aber ist nicht jede auf jede
                mögliche Weise zusammengekommene Menschenmasse, sondern eine
                zusammengetretene Menschenmasse, die durch gemeinsames Recht und
                gemeinsamen Vortheil sich zu einer Gesellschaft verbunden hat. Die
                erste Veranlassung dieses Zusammentretens ist aber nicht sowohl die
                Schwäche, als ein gewisser den Menschen angeborner Vereinigungs-
                [Geselligkeit-]trieb Denn das [Menschen-] Geschlecht ist nicht zum

                Einzelleben und Gleiche Ansicht hat Plato v. d. Gesetzen III, 678: eine
                abweichende aber Derselbe vom Staat II, 369: worin ihm Aristoteles
                (Rep. III, 9.) widerspricht, ohne jedoch ganz mit dem Cicero
                übereinzustimmen.getrennten Herumschweifen [von der Natur]
                bestimmt, sondern so geschaffen, daß nicht einmal vom reichsten

                Ueberflusse an allen Dingen umgeben * * *             122


                                             [Lücke von zwei Seiten.]


                26. * * *   123  gewisse Keime; so wenig man aber sagen kann, die
                Tugenden seyen etwas Veranstaltetes, so wenig läßt sich Dieß vom

                Staate nachweisen. Diese Vereine nun, die auf die von mir angegebene
                Weise gegründet wurden, haben zuvörderst an einem bestimmten Platze
                einen Wohnsitz, um sich anzusiedeln, gewählt, ihn dann durch die Wahl
                des Ortes selbst und durch künstliche Nachhülfe befestigt, und eine
                solche Aneinanderreihung von Wohnungen einen Ort oder eine Stadt
                genannt, wo zwischenein zum Gottesdienst bestimmte Räume und

                öffentliche gemeinsame Plätze waren. Jedes Volk also, welches ein
                solcher Verein einer Menge ist, wie ich ihn beschrieben habe, jeder
                Bürgerverein, der die Grundlage eines Volkes ist, jedes Gemeinwesen,
                das, wie gesagt, Volkssache ist, muß durch vernünftige Berathung
                geleitet werden, um dauerhaft seyn zu können. Diese muß sich aber
                jedesmal eben auf die Grundursache beziehen, welche zur Gründung des
                Staates Veranlassung gegeben hat. Dann muß Das, [was hiebei zu thun

                ist,] entweder Einem übertragen seyn, oder einer Anzahl von
                Auserlesenen, oder die Menge und die Gesammtheit muß es
                übernehmen.      124  Ist die Hauptleitung des Ganzen in der Hand eines

                Einzigen, so nennen wir diesen Einen König, und die Verfassung eines
                solchen Staates, Königthum. Ist sie in den Händen Auserlesener, dann
                sagt man, ein solcher Staat werde aristokratisch regiert. Ein
                demokratischer Staat aber (denn so nennt man ihn) ist der, wo die
                höchste Gewalt [Souveränität] auf dem Volke ruht. Von allen diesen drei




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