Page 409 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Arten [der Verfassung] ist jede, wenn sie jenes Band fest hält, das zuerst
                die Menschen zur Verbindung zu einem Gemeinwesen veranlaßt hat,
                zwar nicht vollkommen (und nach meiner Ansicht die beste), aber es läßt

                sich doch unter derselben leben; nur ist die eine allenfalls besser als die
                andere. Denn je nachdem entweder der König unpartheiisch und weise;
                oder die Ausgewählten und Vornehmen es sind; oder das Volk selbst
                (wiewohl darauf am wenigsten zu rechnen ist)             125  – doch wenn sich
                nicht Aufhebung der Rechtsgleichheit oder Leidenschaftlichkeit

                einmischt; so kann der Staat immerhin auf einem ziemlich festen Fuße
                stehen.
                     27. Allein so wie in einem Königreiche alle Staatsbürger [außer dem
                Könige] Gleichheit der Rechte und Theilnahme an der Berathung [des
                Staatswohls] entbehren, und, wo die Vornehmen herrschen, der Menge

                kaum noch ein [gehöriger] Antheil von Freiheit bleiben kann, da sie
                weder das Gemeinwohl mit berathen darf, noch die vollziehende Gewalt
                besitzt, so ist auch, wo das Volk die ganze Regierung des Staates in
                Händen hat, sey es auch gerecht und gemäßigt, in diesem Falle selbst die
                [vollkommene] Gleichheit ungleich [und unbillig], da gar keine

                Abstufung der Würdigkeit [ein Gewicht zu haben] beachtet wird.                 126
                Darum wenn auch der berühmte Perserkönig Cyrus noch so gerecht und
                weise war, so scheint mir doch eine solche [Repräsentation der]
                Volkssache, (denn Das ist, wie ich gesagt habe, der Staat) nicht eben die
                wünschenswertheste gewesen zu seyn, da die Regierung von eines

                Einzigen Wink und Leitung abhieng.           127  Werden auch immerhin die
                Massilier, meine Clienten,       128  durch ausgewählte und angesehene Bürger
                mit der höchsten Gerechtigkeit regiert, so ist doch auch dort das Volk in

                einer Lage, die einer Sclaverei ähnlich sieht. Gab es zu Athen eine
                gewisse Periode, wo der Areopagus aufgehoben war                129  und die Athener
                Nichts thaten, als was das [souveräne] Volk entschied und beschloß; so

                hatte der Staat seine eigenthümliche Zierde verloren, weil sich unter den
                Bürgern keine Abstufung des Ranges [nach dem Verdienste] fand.
                     28. Was ich hier sage, gilt von jenen drei Arten von
                Staatsverfassungen in ihrer [absoluten] Reinheit, ohne Mischung
                betrachtet, sondern ganz in ihrem [Ur-] Bestande. Diese Arten haben
                erstlich jede an sich die eben vorhin gerügten Fehler; und dann liegt in
                ihnen die Richtung [oder Neigung] zu noch andern höchst verderblichen
                Mängeln: denn es gibt keine unter den genannten Staatsverfassungen,

                welche nicht gar rasch und leicht zu einer ihr ganz nahe liegenden
                Ausartung abgleitete.      130  Denn jener [souveräne] König, um eben Jenen





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