Page 616 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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gerechter Weise erlassen hat, oder die durch die allgemeine Beistimmung
des Volkes sanktionirt worden, das weder durch Tyrannei unterdrückt,
noch durch Hinterlist umgarnt wird, Gesetze, die die gleiche Theilung
der Lebensgüter, also des Vergnügens, zum Zwecke haben.
Für dein Wohl sorgen, ohne die Gesetze zu verletzen, das ist
Weisheit; überdies das allgemeine Wohl fördern, das ist fromme
Menschenliebe; Andern jedoch ihr Vergnügen entreißen und dem
eigenen fröhnen, das ist Unrecht; hingegen dir selbst etwas abzubrechen,
um es den Anderen zuzulegen, das heißt im Sinne der Humanität und
edler Güte thätig sein, und beraubt dich nie so vielen Vortheils, als es dir
andererseits wieder einbringt.
Denn materiell wird es durch die Wiedervergeltung der Wolthaten
aufgewogen und zugleich gewährt das wohltuende Bewußtsein der guten
That und die Erinnerung an die dankbare Liebe Derer, denen du
Wohltaten erwiesen hast, ein so viel größeres seelischer Vergnügen, als
das körperliche gewesen wäre, das du dir versagt hast.
Endlich (welche Ueberzeugung einem religiösen gläubigen Gemüthe
leicht beizubringen ist) vergilt Gott ein gewährtes kurzes unbedeutendes
Vergnügen mit überschwänglicher, unvergänglicher Freude.
Und so ist es denn ihre Meinung, wenn man der Sache gründlich
nachdenkt, daß alle unsere Handlungen und damit die Tugenden selber,
ausschließlich das Vergnügen und die Glückseligkeit zum Endziel haben.
Vergnügen nennen die Utopier jede Bewegung und jeden Zustand
des Körpers und der Seele, wobei der Mensch ein natürliches
Wohlbehagen empfindet. Nicht ohne Grund fügen sie hinzu, ein
Wohlbehagen, wonach die Natur verlangt. Denn sowie nicht nur die
Sinne etwas erstreben, sondern auch die normale Vernunft nach dem
trachtet, was von Natur angenehm ist, wonach weder durch ein zu
begehendes Unrecht gestrebt wird, noch wodurch etwas Angenehmeres
verloren geht, worauf auch keine Mühe und Arbeit folgt, so halten sie
jene Dinge zur Erlangung der Glückseligkeit für unnütz, welche die
Menschen gegen die Ordnung der Natur, einer eitlen Uebereinkunft
zufolge, für höchst liebliche gelten lassen (als ob sie es in ihrer Macht
hätten, nur so ohne Weiterers die Dinge dadurch, daß sie andere Worte
dafür wählen zu etwas Anderem zu machen, als sie wirklich sind), ja sie
halten sie sogar für schädlich, weil, wenn sie sich einmal in ihren
Begriffen einwurzeln, für die wahren und unverfälscht natürlichen
Ergötzungen kein Platz in der Seele übrig bleibt, dies vielmehr von einer
falschen Vorstellung vom Wesen des Vergnügens voreingenommen wird.
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