Page 623 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Unterscheidung der Nahrungsmittel, auch empfinden sie nicht den
                harmonischen und dissonirenden Abstand der Töne) – – diese Arten des
                Vergnügens sage ich, lassen sie als angenehme Würze des Lebens gelten.

                     Bei allen diesen Vergnügen aber befolgen sie die Richtschnur, daß
                ein geringeres nicht ein größerer hindere noch daß ein Vergnügen
                Schmerz erzeuge, was nothwendigerweise nach ihrer Meinung erfolgen
                müßte, wenn das Vergnügen ein unziemliches sei.
                     Aber die Schönheit der Leibesgestalt verachten, die Körperkräfte
                schwächen, die Gelenkigkeit in Trägheit verkehren, den Leib durch
                Fasten und Kasteiungen erschöpfen, die Gesundheit schädigen und alle

                uns von der Natur erlaubten Annehmlichkeiten zurückweisen, halten sie
                für das Allerwahnwitzigste, sofern Einer diese Lebensbequemlichkeiten
                nicht vernachlässigt, weil er mit Feuereiser für das Wohl seiner
                Nebenmenschen oder für das allgemeine Beste thätig ist, wofür er von
                Gott als Lohn für seine Mühewaltung ein Vergnügen höherer Art
                erwartet, – sondern bloß um eines nichtigen Schattens der Tugend willen

                sich selbst Trübsal zufügen, ohne daß Jemand einen Vortheil davon hat,
                oder damit man Ungemach leichter ertragen könne, das uns vielleicht
                niemals heimsucht, das sehen sie für das Merkmal eines gegen sich
                selbst grausamen und gegen die Natur höchst undankbaren Gemüthes an,
                das, weil es verschmäht, ihr so viel zu verdanken, allen ihren Wohlthaten
                entsagt.
                     So lautet das Urtheil der Utopier über die Tugend und das

                Vergnügen, und sie glauben, daß, wofern nicht eine direkt vom Himmel
                geoffenbarte Religion etwas Erhabeneres dem Menschengeiste einflößt,
                die menschliche Vernunft keine wahrere erfinden könne.
                     Ob sie darin richtig oder falsch berathen sind, das zu erörtern
                gebricht es uns hier an Zeit und es ist auch nicht nöthig, denn wir haben
                ihre Einrichtungen aufzuzählen unternommen, nicht dieselben zu

                vertheidigen. Ich bin aber fest überzeugt, wie sich das auch immer
                verhalte, daß nirgends ein vorzüglicheres Volk, noch ein glücklicherer
                Staat zu finden sei.
                     Dem Körper nach sind sie flink, gewandt, ausdauernd, und leisten an
                Körperkraft mehr, als ihre Statur verspricht, obwohl diese durchaus nicht
                klein ist.
                     Obwohl der Boden nicht überall der fruchtbarste, das Klima nicht

                besonders gesund ist, schützen sie sich doch durch Mäßigkeit der
                Lebensweise so gegen die Luft, melioriren das Erdreich so durch fleißige
                Bestellung, daß bei keinem Volke die Produktion von Getreide und Vieh







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