Page 689 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Ehrgeiz und Habsucht verblendet, alle möglichen Vorzüge an ihm
preisen, statt ihn wegen aller möglichen Laster zu tadeln.
Um nicht in diesen Fehler zu verfallen, habe ich mir keine Fürsten
ausgesucht, sondern Männer, die wegen ihrer zahllosen Vorzüge Fürsten
zu sein verdienten, keine, die mich mit Ämtern, Ehren und Reichtum
überhäufen könnten, sondern solche, die es täten, wenn es in ihrer Macht
stünde. Deshalb muß ein Mensch mit richtigem Urteil die schätzen, die
freigebig sind, und nicht die, welche es sein könnten, die, welche einen
Staat zu regieren verstehen, nicht die, welche regieren, ohne es zu
verstehen. Die Schriftsteller loben den Hiero von Syrakus, Gemeint ist
Hiero II. von Syrakus (306-216 v. Chr., seit 269 König), der den Römern
in den zwei ersten panischen Kriegen die Treue hielt. Vgl. »Der Fürst«,
Kap. 6: »Die Syrakusaner, die unterdrückt waren, wählten ihn zu ihrem
Anführer. Als solcher machte er sich so verdient, daß er ihr Fürst wurde.
Er war schon als Privatmann so tüchtig, daß berichtet wird, es habe ihm
zum Herrscher nichts gefehlt als die Herrscherwürde.« Die Quelle ist
Polybios VII., 8, und Justin XXIII, 4. als er Privatmann war, mehr als
den Perseus von Mazedonien, Der letzte König von Mazedonien (212-
166 v. Chr.), seit 179 König. Er wurde 168 bei Pydna von den Römern
besiegt und starb in Gefangenschaft. Vgl. Livius XLIV. als er König war,
denn dem Hiero fehlte zum Fürsten nichts als der Titel, Perseus aber
hatte von einem König nichts als den Namen.
So nehmt denn fürlieb mit dem Guten oder Schlechten, das Ihr selbst
gewollt habt, und wenn Ihr bei Eurem günstigen Vorurteil über diese
meine Ansichten verharrt, so bin ich bereit, mit dem Rest der Geschichte
Des Livius. in der versprochenen Weise fortzufahren. Lebt wohl!
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