Page 712 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Siebtes Kapitel
Inhaltsverzeichnis
Wie nötig in einer Republik die Ankläger zur Erhaltung der Freiheit
sind.
Den Hütern der Freiheit einer Stadt kann man kein nützlicheres und
nötigeres Recht geben, als die Bürger, die etwas gegen die Freiheit des
Staates unternehmen, beim Volk, bei einer Behörde oder einem Rat zu
verklagen. Diese Einrichtung hat für eine Republik zwei sehr günstige
Wirkungen. Erstens wagen die Bürger aus Furcht vor Anklagen nichts
gegen den Staat zu unternehmen, und wagen sie es doch, so werden sie
unverzüglich und rücksichtslos bestraft. Zweitens wird den
Mißstimmungen Luft geschaffen, die in den Städten auf mancherlei Art
gegen irgendeinen Bürger entstehen. Finden diese Mißstimmungen
keinen gesetzmäßigen Ausweg, so machen sie sich gewaltsam Luft, und
das kann zum völligen Untergang des Staates führen. Nichts macht eine
Republik fester und dauerhafter als eine gesetzliche Einrichtung, durch
die sich solche gehässigen Leidenschaften entladen können. Das läßt sich
durch viele Beispiele belegen, besonders durch das von Livius erzählte
des Coriolan.
Der römische Adel war gegen das Volk aufgebracht, weil es ihm
durch die Einsetzung der Tribunen, die es in Schutz nahmen, zuviel
Macht erlangt zu haben schien. Als nun in Rom eine Hungersnot
ausbrach und der Senat Korn aus Sizilien hatte kommen lassen, sagte
Coriolan, ein Gegner der Volkspartei, nun sei die Zeit gekommen, das
Volk zu züchtigen und ihm die zum Schaden des Adels erlangte Gewalt
wieder abzunehmen. Man solle also das Volk hungern lassen und ihm
kein Getreide austeilen. Dieser Rat kam dem Volke zu Ohren, und es
geriet in solche Wut gegen Coriolan, daß es ihn beim Verlassen des
Senats in einem Auflauf getötet hätte, wenn ihn die Tribunen nicht
vorgeladen hätten, sich zu verantworten.
Hier zeigt sich, wie oben gesagt, wie nötig und nützlich es ist, wenn
in Republiken gesetzliche Mittel bestehen, durch die sich der Haß der
Gesamtheit gegen einen Bürger Luft machen kann. Denn sind keine
gesetzmäßigen Mittel da, so ergreift man ungesetzliche, und diese haben
ohne Zweifel viel schlimmere Folgen. Wird ein Bürger in gesetzmäßiger
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