Page 766 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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sie nicht zu greifen. So bleiben sie unschlüssig, und während ihres
Zauderns und Schwankens werden sie gestürzt.
Einer Republik, die das Laster der Undankbarkeit meiden will, kann
man nicht das gleiche Mittel wie dem Fürsten anraten, nämlich
persönlich ins Feld zu ziehen und keinen andern zu senden, denn sie muß
ja einen ihrer Bürger schicken. Um indessen weniger undankbar zu sein
als andre, kann ich ihr das Verfahren der römischen Republik anraten.
Dies Verfahren hatte seinen Grund in der Staatsverfassung. Da nämlich
in Rom jedermann, Adel wie Plebejer, in den Krieg zog, so gab es in
Rom jederzeit so viele tapfere und sieggekrönte Männer, daß das Volk
keine Ursache hatte, einem darunter zu mißtrauen, denn es waren ja
viele, und einer wachte über den andern. Auch betrugen sie sich so
tugendhaft und mieden so vorsichtig jeden Schein von Ehrgeiz, gaben
also dem Volk keine Ursache, sie als ehrgeizig zu strafen, daß, wenn sie
zur Diktatur gelangten, der den größten Ruhm erwarb, der dies Amt am
schnellsten niederlegte. Ein solches Benehmen konnte kein Mißtrauen
erwecken und erzeugte daher auch keinen Undank. Will also eine
Republik sich nicht undankbar zeigen, so muß sie wie Rom verfahren,
und ein Bürger, der dem Bissen des Undanks entgehen will, muß sich in
den Schranken der römischen Bürger halten.
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