Page 786 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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versprechen konnte, ohne Pisa zu besitzen, und Florenz dies bloße
Versprechen erkaufen mußte. Viel besser hätte Florenz getan, wenn es in
die Besetzung Pisas durch Beaumont unter jeder Bedingung gewilligt
hätte, wie es die Erfahrung mit Arezzo im Jahre 1502 zeigte. Damals
hatte sich Arezzo empört, und der König von Frankreich hatte Herrn von
Imbault mit französischen Truppen den Florentinern zu Hilfe gesandt. S.
Lebenslauf, 1502. Vor Arezzo angelangt, begann er bald mit den
Einwohnern zu verhandeln, und diese wollten ihm die Stadt unter
gewissen Bedingungen, ähnlich wie Pisa, übergeben. Der Vorschlag
wurde in Florenz verworfen. Als Herr von Imbault dies sah und es ihm
schien, daß die Florentiner nichts von der Sache verständen, setzte er die
Verhandlungen ohne Teilnahme der Florentiner Kommissare fort und
schloß einen Vertrag nach seinem Gutdünken ab, worauf er mit seinen
Truppen in Arezzo einzog. Den Florentinern ließ er sagen, sie seien
Toren und verstünden nichts von den Dingen der Welt; wollten sie
Arezzo haben, so sollten sie sich an den König wenden, der es ihnen weit
leichter geben könnte, wenn seine Truppen in der Stadt wären, als wenn
sie draußen ständen. In Florenz wurde Imbault heruntergerissen und
geschmäht, und erst später sah man ein, daß, wenn Beaumont wie
Imbault gehandelt hätte, man Pisa wie Arezzo bekommen hätte.
Um also zu unserm Satz zurückzukommen, fassen unentschlossene
Republiken immer nur notgedrungen gute Entschlüsse, weil ihre
Schwäche sie nie zur Entscheidung kommen läßt, solange der geringste
Zweifel besteht. Wird dieser Zweifel nicht durch äußere Gewalt
behoben, so schwanken sie stets hin und her.
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