Page 788 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
P. 788
Die gleiche Mißstimmung entstand in Rom gegen den Konsultitel.
Als das Volk einen Krieg aus dem andern hervorgehen sah und niemals
Ruhe fand, glaubte es, daß dies nicht von dem Ehrgeiz der Nachbarn
käme, die Rom unterdrücken wollten, sondern vom Ehrgeiz der Adligen,
die das von den Tribunen beschützte Volk nicht daheim züchtigen
konnten und es deshalb unter den Konsuln aus Rom herausführen
wollten, um es hier, wo es ganz hilflos war, zu unterdrücken. Das Volk
hielt es daher für nötig, entweder die Konsuln abzuschaffen oder ihre
Macht so zu beschränken, daß sie weder auswärts noch zu Hause Macht
über das Volk hätten. Der erste, der dies Gesetz durchzubringen suchte,
war ein Tribun Terentilius, der den Antrag stellte, fünf Männer zu
ernennen, die die Macht der Konsuln untersuchen und beschränken
sollten. 462 v. Chr. Nach zehnjährigen Kämpfen wurden die Dezemvirn
(s. Kap. 40) eingesetzt. Das brachte den Adel gewaltig auf, denn ihm
schien, die Majestät der Regierung werde dadurch völlig herabgewürdigt
und ihm selbst verbliebe keine besondere Stelle mehr im Staatswesen.
Nichtsdestoweniger war die Hartnäckigkeit der Tribunen so groß, daß
der Konsultitel abgeschafft wurde. Nach einigen andern Versuchen gab
sich das Volk schließlich damit zufrieden, Tribunen mit Konsulargewalt
statt Konsuln zu wählen; Durch die Lex Canuleja, 445 v. Chr. so viel
mehr war ihr Name als ihre Gewalt verhaßt. Längere Zeit blieb es dabei,
bis man endlich den Irrtum einsah und wieder Konsuln ernannte, wie die
Florentiner zu den zehn Männern zurückkehrten.
787