Page 796 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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Dreiundvierzigstes Kapitel
Inhaltsverzeichnis
Männer, die für den eignen Ruhm kämpfen, sind gute und treue
Soldaten.
Aus der obigen Abhandlung ergibt sich auch der Unterschied zwischen
einem willigen Heer, das für den eignen Ruhm kämpft, und einem
mißvergnügten, das für den Ehrgeiz andrer ficht. Während die römischen
Heere unter den Konsuln immer sieggewohnt waren, wurden sie unter
den Dezemvirn stets geschlagen. Livius III, 42. Für diesen Gedanken
vgl. auch Herodot, V, 78, Demosthenes, I. Philippica, ed. Müller, 24, und
περί συντάξεως, 6; Isokrates, De pace, 46; Polybios VI, 52,4f. Aus
diesem Beispiel ergibt sich auch ein Teil der Gründe für die
Zwecklosigkeit der Söldner, die nichts andres an dich bindet als ein
wenig Sold, den du ihnen gibst. Dies Band ist und kann nicht
hinreichend sein, sie dir treu zu erhalten und sie dir so zugetan zu
machen, daß sie für dich in den Tod gehen. Fühlen die Heere für den, für
den sie kämpfen, nicht so viel Zuneigung, daß sie zu seinen Anhängern
werden, so findet er bei ihnen nie so viel Tapferkeit, um einem etwas
tapferen Feinde zu widerstehen. Da nun diese Liebe und dieser Wetteifer
nur bei deinen eignen Untertanen entstehen kann, so ist es zur
Behauptung der Herrschaft, sei es einer Republik oder eines
Königsreichs, nötig, sich ein Volksheer zu schaffen, wie es alle getan
haben, die große Waffentaten vollbrachten. Die römischen Heere waren
unter den Dezemvirn so tapfer wie immer, da sie aber nicht mehr der
gleiche gute Wille beseelte, so hatten sie nicht mehr ihre gewohnten
Erfolge. Sobald aber die Dezemvirn gestürzt waren und sie wieder als
freie Männer zu kämpfen begannen, kehrte der alte Geist und der alte
Erfolg wieder.
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