Page 87 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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ich, dürfen wir von Homeros oder von irgend einem anderen Dichter es
                uns gefallen lassen, wenn er in unverständiger Weise diesen Fehler
                betreffs der Götter begeht und sagt, daß

                        »zwei Fässer in der Schwelle des Zeus liegen,

                        voll von Lebens-Loosen, das eine von guten, das andere
                        aber von schlechten«Ilias, XXIV, V. 527 f.; der zweite Vers
                        aber ist dem uns überlieferten Texte der Ilias nur dem Sinne
                        nach gleichbedeutend, dem Wortlaute nach aber weicht er
                        von Plato’s Anführung ab.,


                und daß, wenn Zeus mischend von beiden verleihe,
                     »bald Schlimmes diesen trifft, bald aber Gutes«Ebend. V. 530.,

                     wem hingegen nicht, sondern aus dem einen ungemischt,
                     »diesen treibt eine schlimme verzehrende Noth zur göttlichen
                Erde«Ebend. V. 532.,
                     und auch dieß dürfen wir uns nicht gefallen lassen, daß für uns
                     »Zeus der Schatzwalter des Guten und Schlimmen ist«Bei Homer
                kömmt nur zweimal gleichlautend (Ilias, IV, V. 84 und XIX, V. 224) der
                Vers vor: »Zeus, welcher für die Menschen der Schatzwalter des Krieges

                ist«.,
                     19. Wenn aber Jemand von jener Verwirrung der Eide und Verträge,
                welche Pandaros anzettelte, behauptet, sie sei durch Athene und Zeus
                eingetretenIlias IV, V. 88., so werden wir dieß nicht loben, noch auch daß
                jener Streit der Götter und dessen Entscheidung durch Themis und Zeus

                eingetreten seiInhalt des XX. Gesanges der Ilias., noch auch
                hinwiederum dürfen wir dulden, daß die jungen Leute hören, daß, wie
                AeschylosWahrscheinlich in der für uns verlornen Tragödie »Niobe«.
                sagt:

                        »Gott erzeugt die Ursache für die Sterblichen,
                        wann er ein Haus vollständig verderben will«,


                sondern wenn Jemand als Stoff seiner Dichtung, in welcher diese Verse
                vorkommen, die Leiden der Niobe oder jene der Pelopiden und die

                Verhältnisse vor Troja oder irgend etwas Anderes derartiges behandelt,
                so dürfen wir entweder nicht dulden, daß er Solches als Werk eines
                Gottes bezeichne, oder, wenn sie es als eines Gottes Werk bezeichnen, so
                müssen sie so ziemlich jene nemliche Begründung auffinden, welche
                auch wir jetzt suchen, und müssen sagen, daß der Gott gerechtes und
                Gutes wirkt, jene aber durch ihre Bestrafung einen Nutzen erfuhren. Daß






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