Page 86 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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die sog. moralische Erklärung, welche ja bekanntlich auch bezüglich des
Kernes der christlichen Religion besonders durch die Kant’sche
Philosophie einen Aufschwung nahm.; denn der junge Mensch ist nicht
im Stande, zu beurtheilen, was der tiefer liegende Sinn sei und was nicht,
sondern dasjenige, was er in solchen Jahren in seinen Ansichten erfaßt,
pflegt ein Unaustilgbares und Unwandelbares zu werden. Um dessen
willen also ist es vielleicht über Alles hoch anzuschlagen, daß, was sie
als erstes hören, in Bezug auf Trefflichkeit so richtig als möglich
gedichtet sei. –
18. Ja, es hat allerdings seinen Grund, sagte er; aber wenn
hinwiederum uns Jemand fragte, welcherlei Art eben dieß selbst und
welche diese Fabeln sein sollen, welche würden wir angeben? – Und ich
sprach: o Adeimantos, wir sind für jetzt keine Dichter, weder du noch
ich, sondern Gründer eines Staates, für Gründer aber gebührt es sich, daß
sie wohl das Gepräge wissen, in welchem die Dichter Fabeln erzählen
sollen, so daß, wenn sie wider dasselbe verstoßen, dieß nicht zu dulden
ist, nicht jedoch müssen sie selbst auch Fabeln dichten. – Ganz richtig,
sagte er; aber eben dieß nun meine ich, welches wohl jenes Gepräge
betreffs der Göttersage sei. – Ungefähr folgendes, sagte ich: wie
beschaffen Gott wirklich ist, so muß man ihn doch wohl stets angeben,
mag ihn Jemand in epischer oder in lyrischer oder in dramatischer Poesie
dichterisch aussprechen. – Ja, so soll es sein. – Nicht wahr also, Gott ist
ja wirklich gut und so muß man es auch aussprechen? – Wie denn sonst?
– Nun aber ist ja Nichts von demjenigen, was gut ist, schädlich; oder wie
etwa? – Meiner Meinung nach Nichts. – Schadet also etwa jenes, was
nicht schädlich ist? – In keiner Weise. – Thut aber dasjenige, was nicht
schadet, irgend Schlimmes? – Auch dieß nicht. – Was aber nichts
Schlimmes thut, dieß dürfte ja auch nicht die Ursache irgend eines
Schlimmen sein? – Wie sollte es ja auch? – Was weiter? ist das Gute
nützlich? – Ja. – Also Ursache des Wohlergehens ist es? – Ja. – Nicht
also von Allem ja ist das Gute die Ursache, sondern nur von demjenigen,
was sich wohl verhält, hingegen von dem Schlimmen ist es nicht
Ursache. – Ja völlig so, sagte er. – Also dürfte wohl auch der Gott,
sprach ich, da er gut ist, nicht von Allem die Ursache sein, wie die
meisten Leute sagen, sondern nur von Wenigem ist er für die Menschen
die Ursache, von Vielem hingegen ist er nicht Ursache; denn weit
Wenigeres ist für uns das Gute, als das Schlimme; und von dem Guten
dürfen wir keinen Anderen als Ursache bezeichnen, für das Schlimme
aber soll man irgend andere Ursachen suchen, aber nicht den Gott. –
Durchaus wahr, sagte er, scheinst du mir zu sprechen. – Nicht also, sagte
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