Page 81 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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wollen, was nicht muthig ist, sei es ein Pferd oder ein Hund oder irgend
ein anderes Thier? oder hast du nicht bemerkt, daß etwas
Unbekämpfbares und Unbesiegbares der Muth ist, bei dessen
Anwesenheit jede Seele gegen Alles furchtlos und unüberwindlich ist? –
Ich habe es wohl bemerkt. – Wie also bezüglich des Körperlichen der
Wächter sein solle, ist klar. – Ja. – Und nun ja auch bezüglich der Seele,
nemlich daß er muthig sein soll. – Auch dieses. – Wie also, o Glaukon,
sagte ich, soll es geschehen, daß Solche nicht unter sich und gegen die
übrigen Bürger grimmig sind, da sie bezüglich ihrer Begabung derartige
sind? – Bei Gott, sagte er, nicht leicht wird es anders sein. – Nun aber
sollen dieselben ja doch gegen ihre eigenen Leute sanft, nur aber gegen
die Feinde gefährlich sein; denn außerdem werden sie gar nicht darauf
warten, daß Andere ihnen Verderben drohen, sondern sie selbst werden
dieß als die ersten thun. – Dieß ist wahr, sagte er. – Was sollen wir also
anfangen? sagte ich; woher werden wir einen Charakter finden, welcher
zugleich sanft und sehr muthig ist? denn entgegengesetzt doch wohl ist
der muthigen die sanfte Begabung. – Ja, so zeigt sich’s. – Nun aber wird
er ja, wenn er irgend eines dieser beiden entbehrt, niemals ein guter
Wächter werden; jenes aber gleicht den Unmöglichkeiten, und auf diese
Weise ergibt sich daß unmöglich ein guter Wächter entstehen kann. – Es
kömmt darauf hinaus, sagte er. – Und ich war rathlos. Diese Anwendung
der sokratischen Selbstironie scheint die Gränze des Erträglichen zu
überschreiten, denn sie ist zu plump, weil die Lösung der Schwierigkeit,
wie sie im Folgenden auch gegeben wird, zu nahe liegt, als daß ein
langes Hinundher-Reden darüber nöthig wäre; das entgegengesetzte
Extrem s. unten Anm. 325. und erwog das vorher Gesagte und sprach:
Mit Recht ja wurden wir rathlos, mein Freund; denn wir haben uns von
dem Gleichnisse entfernt, welches wir vorher aufstellten. – Wie meinst
du dieß? – Wir haben nemlich nicht bemerkt, daß es also doch solche
Begabungen gibt, wie wir glaubten, daß es nicht gebe, welche nemlich
diese Gegensätze in sich enthalten. – Wo denn? – Man möchte es sowohl
an anderen Thieren sehen, als auch wahrlich in keinem geringen Grade
bei jenem, welches wir vorhin verglichen, nemlich bei dem jungen
Hunde. Du weißt nemlich doch wohl, daß dieß von Natur aus in der Art
der tüchtigen Hunde liegt, daß sie gegen diejenigen, an welche sie
gewöhnt sind und welche sie kennen, so sanft als möglich sind, gegen
die Unbekannten aber das Gegenteil. – Ja, ich weiß es allerdings. – Dieß
also, sagte ich, ist hiemit etwas Mögliches, und nicht naturwidrig suchen
wir darnach, daß der Wächter ein derartiger sei. – Es scheint nicht
naturwidrig –
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