Page 78 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
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beginne, und ob nicht auch schon bei dem Genusse von Eicheln sich
                Unmäßigkeit, Habgier und Alles dergleichen zeigen können oder
                müssen, bleibt ja bei Allem, was von solchem Standpunkte aus über

                staatliche u. dgl. Dinge gesagt wird, als Kern nur eine ideologische
                Gereiztheit übrig, und diese führt, wenn sie auf das Detail des äußeren
                Daseins angewendet wird, zu Ansichten, welche nur gerade dann einen
                Grund und einen Erfolg hätten, wenn die Wirklichkeit nicht die
                Wirklichkeit wäre.. Nemlich jenes wird also, wie es scheint, Einigen
                nicht genügen, und auch jene Lebensweise nicht, sondern es werden
                Stühle und Tische und die übrigen Geräthschaften hinzukommen, und

                Zukost und Salben und Räucherwerk und Lustdirnen und Süßigkeiten
                und Jegliches all dieser Art. Und wir dürfen hiemit nicht mehr jenes,
                wovon wir zuerst sprachen Cap. 11 z. Anf., nemlich bloß das
                Nothdürftige, Häuser und Kleider und Schuhe, aufstellen, sondern
                müssen auch sowohl die Malerei und bunte Ausschmückung in
                Bewegung setzen, als auch Gold und Elfenbein und all derartiges uns

                erwerben; oder wie sonst? – Ja, sagte er. –
                     14. Nicht wahr also, größer hinwiederum müssen wir unsere Staat
                machen? nemlich jener gesunde ist nicht mehr genügend, sondern bereits
                mit einer Masse und einer Menge von Dingen müssen wir ihn anfüllen,
                welche nicht mehr um des Nothdürftigen willen in den Staaten sich
                finden, wie z. B. sämtliche JägerDie Jagd wird überhaupt dem Landbaue
                und der Viehzucht gegenübergestellt, und so sieht auch Plato in der

                Thätigkeit des Jägers eine Entfremdung von der ursprünglichen
                schlichten Einfalt der Zustände. Man mag sich vielleicht hiebei an den
                sittlichen Gehalt des deutschen Sprüchwortes erinnern: »Fischefangen,
                Vogelstellen, verdirbt gar manchen Junggesellen«. und Alle, welche mit
                den nachahmenden Künsten sich beschäftigen, nemlich viele, welche
                dieß in Bezug auf die Formen und auf die Farben, und viele auch, welche

                es bezüglich der musischen KunstJenen eigentlich antiken Dualismus der
                gymnischen und musischen Bildung werden wir alsbald unten (Cap. 17)
                treffen; zur letzteren gehört Musik, Poesie, Sprache und Grammatik (vgl.
                m. Anm. 9 z. Phädon), am innigsten vereinigt aber waren die musischen
                Künste bei den Alten im Drama. thun, die Dichter und deren Diener, die
                Volkssänger, die Schauspieler, die Tänzer, die Theater-Unternehmer, und
                auch die Verfertiger mannigfacher Geräthe, sowohl anderer, als auch

                besonders betreffs des Schmuckes der Weiber; und wir werden denn nun
                auch mehrere Dienstleistende bedürfen, oder scheinen dir nicht
                Knabenaufseher, Ammen, Wärterinnen, Kammerzofen, Bartscheerer,
                und hinwiederum auch Feinbäcker und Köche nöthig? Ferner aber





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