Page 982 - Philosophie und Politik: Staatstheorien von Platon, Cicero, Machiavelli und Thomas Morus (Vollständige deutsche Ausgaben)
P. 982

wünschten, zwinge sie also die Notwendigkeit zum Kriege. Iustum est
                bellum, sagte er, quibus necessarium, et pia arma, quibus nisi
                in armis spes et. Livius IX, 1 (321 v. Chr.). (Ein notwendiger Krieg

                ist auch gerecht, und heilig sind die Waffen, wenn nur in den Waffen das
                Heil liegt.) Auf diese Notwendigkeit gründete er mit seinen Soldaten die
                Hoffnung auf Sieg.
                     Um nicht nochmals auf diesen Gegenstand zurückzukommen, will
                ich hier auch die denkwürdigsten römischen Beispiele anführen. Gajus
                Manilius stand 480 v. Chr. Bei Livius II, 47, heißt der Konsul Gnejus
                Manlius. mit einem Heere gegen Veji im Felde. Als nun ein Teil des

                feindlichen Heeres in die Verschanzungen des Manilius eingedrungen
                war, eilte er mit einer Abteilung zu Hilfe und besetzte alle Ausgänge des
                Lagers, damit die Feinde nicht entfliehen konnten. Als diese sich aber
                eingeschlossen sahen, fochten sie mit solcher Wut, daß sie den Manilius
                erschlugen und alle übrigen Römer niedergemacht hätten, wenn ihnen
                nicht die Klugheit eines Tribunen einen Ausweg eröffnet hätte. Hieraus

                ersieht man, daß die Vejenter, als die Not sie zum Kampfe zwang, auf
                das tapferste fochten, sobald sich aber ein Ausweg zeigte, waren sie
                mehr auf die Flucht als auf Kampf bedacht.
                     Die Volsker und Aequer waren in das römische Gebiet eingefallen
                und die Konsuln wurden ihnen entgegengeschickt. Während der Schlacht
                geriet das volskische Heer unter Vectius Messius zwischen seine von den
                Römern eroberte Verschanzung und das andere Römerheer. Als Messius

                sah, daß ihm nur die Wahl blieb, zu sterben oder sich mit dem Schwert
                einen Weg zu bahnen, rief er seinen Soldaten zu: Ite mecum, non
                murus, nec vallum, sed armati armatis obstant. Virtute pares,
                necessitate, quae ultimum ac maximum telum est, superiores
                estis. Livius IV, 28 (431 v. Chr.) (Folgt mir nach! Keine Mauer, kein
                Wall, sondern Bewaffnete stehen Bewaffneten gegenüber. An Tapferkeit

                seid ihr ihnen gleich, durch die Not, die letzte, stärkste Waffe,
                überlegen.) So nennt Livius die Not ultimum et maximum telum. Vgl.
                auch Seneca, De Clementia; Xenophon, Hipparchici, IV, 13.
                     Als Camillus, der klügste aller römischen Feldherren, mit seinem
                Heer schon in Veji eingedrungen war, wollte er die völlige Einnahme
                erleichtern und die Feinde nicht zur äußersten Notwehr treiben. Er befahl

                daher so laut, daß alle Vejenter es hören konnten, keinem Unbewaffneten
                etwas zuleide zu tun. Alle warfen die Waffen weg, und die Stadt wurde
                fast ohne Blutvergießen genommen. Dies Verfahren wurde später von
                vielen Feldherren befolgt.








                                                          981
   977   978   979   980   981   982   983   984   985   986   987