Page 20 - Wilhelm Wundt zum siebzigsten Geburtstage
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Ludwig Lange.
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      hingegen sichtlich das Bedürfniss empfindet, als »übersinnliches Orien-
      tirungselement<',  d. h. als Surrogat für den offenbar doch unheimhchen
      »absoluten Raum« den Aether    in  die Betrachtung  einzuführen  ^s).
      Darin liegt eine Inconsequenz, welche gleich mir wohl noch mancher
      Andere unbegreiflich finden wird, und welche in einem um so selt-
      sameren Lichte  erscheint,  als Volkmann an  einer anderen  Stelle
      gegen Boltzmann schreibt:    »Jedenfalls möchte ich eine vorzeitige
      Einführung der Atomistik in das System der Mechanik vermieden
      sehen« ^^).  Der hierauf folgenden Begründung,  der ich mich  voll-
      ständig anschHeße, darf ich gewiss hinzufügen, dass die Einführung
      der Aetherhypothese in die systematische Grrundlegung der Mechanik
      doch ebenso wenig geeignet ist, dieser »den vollkommen durchsichtigen
      euklidischen Charakter« zu bewahren, »den sie dank der Forschung
      eines Galilei und Newton erhalten hat.«    Dass dem Aether eine
      begriffliche Hauptanforderung,  die an das Bezugssystem zu stellen
      ist, nämlich diejenige der Starrheit,  ganz und gar nicht innewohnt,,
                                          Auch discutirt Yolkmann —
      soll nur nebenbei erwähnt werden.
      offenbar in Anschluss an 0. Lodge und Andere — ausdrücklich die
      Möglichkeit, dass der Aether an der Bewegung der Erde um die
      Sonne innerhalb der Erde oder auf ihrer Oberfläche Theil nimmt  i^).
         Sehr richtig ist folgende Bemerkung im Vorwort des Volkmann-
      schen Buches: »Darin scheint mir — naturwissenschaftUch betrachtet
      — der Mangel jener mathematischen Darstellungen der Mechanik seit
      Lagränge zu liegen, dass  sie die in der Natur der Sache liegenden
      subjectiven Elemente der Forschung ignoriren,  .  .  .«.^'^)  Sehr wahr,
      in der That! Wenn man überall streng auseinanderhielte, was eine
      einfache Sache der Uebereinkunf  , und was im Gegensatz dazu Er-
                                     t
      gebniss der Forschung ist, so würde der Wissenschaft mancher Irr-
      weg erspart bleiben.  Das »Princip der particularen Determination«
      oder »partiellen Convention«    ist nun einmal die Grundlage jeder
      nüchternen Wissenschaftlichkeit auf denjenigen Erkenntnissgebieten,
      die von der Mathematik Anwendung machen   i^).  Wohl keine Bezug-
      nahme auf meine Darlegungen hat mich aufrichtiger gefreut,  als die
      Anerkennung,  welche E. Mach in der zweiten, dritten und vierten
      Auflage  seiner »Mechanik«  der  »deutlichen Hervorhebung und der
      zweckmäßigen Bezeichnung des Princips der particularen Determi-
      nation« hat zu Theil werden lassen  ^s).  Dass das Princip in seiner
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