Page 35 - Haftung für Gefahrguttransporte in Europa : zur außervertraglichen Haftung für Gefahrguttransporte zu Lande, zu Wasser und mit Luftfahrzeugen by
P. 35
2 Teil: Internationale Haftungsregelungen 11
Alternativ zu der Haftungskanalisierung auf den Beförderer wurde während der
Vorarbeiten zur CRTD insbesondere die Haftungskanalisierung auf den Absender
erwogen, aber auch die auf den Eigentümer oder Hersteller. 4 Auch das Modell
41
einer gesamtschuldnerischen Haftung von Beförderer und Absender wurde vorge-
schlagen. 4 Schließlich entschied man sich aufgrund der alleinigen Einwirkungs-
42
möglichkeit des Beförderers während des Transports, der leichteren Identifizier-
barkeit des Beförderers für den Geschädigten und der kostengünstigsten Versi-
43
cherbarkeit für die Kanalisierung der Haftung allein auf den Beförderer. 4 Auch
kann der Beförderer in der Regel die Gefährlichkeit der transportierten Güter am
besten einschätzen, da er für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften verant-
wortlich ist und mit der Handhabung der jeweiligen Ladung beim Transport sowie
beim Lande- und Entladevorgang am besten vertraut ist. 4
44
Der Beförderer haftet gemäß Art. 5 Abs. 6 S. 1 CRTD für Schadensersatzan-
sprüche nur nach diesem Übereinkommen. Andere Ansprüche aus nationalem
Recht, die sich mit dem Anwendungsbereich des Übereinkommens überschnei-
den, könnten somit im Falle, dass das Übereinkommen in Kraft und anwendbar
wäre, gegen den Beförderer nicht geltend gemacht werden. Diese Regelung soll
zum einen ein geschlossenes einheitliches Haftungssystem gewährleisten, zum
anderen Umgehungen - insbesondere der Haftungshöchstsummen - vermeiden. 4
45
Eine einzige Ausnahme bestimmt Art. 5 Abs. 6 S. 2 CRTD. Greift nämlich der
Haftungsausschlusstatbestand des Art. 5 Abs. 4 lit. c) CRTD ein (der Absender
versäumt es, den Beförderer von der Gefährlichkeit der Güter zu unterrichten),
bleibt die Haftung für Schäden, die den Beförderer nach Maßgabe des anzuwen-
denden Recht trifft, unberührt. Der Beförderer kann also nach dem anzuwenden-
den nationalen Recht in Anspruch genommen werden, allerdings nur bis zur Hö-
he der Haftungslimiten des Übereinkommens, Art. 5 Abs. 6 S. 3 CRTD. 4
46
Ausfluss des Prinzips der Haftungskanalisierung auf den Beförderer ist auch
die Bestimmung des Art. 5 Abs. 7 CRTD. Danach können die in den Anwen-
dungsbereich der CRTD fallenden Schadensersatzansprüche grundsätzlich 4 we-
47
der nach der CRTD noch aus anderen nationalen Haftungsregelungen gegen An-
gestellte und Erfüllungsgehilfen des Beförderers, Lotsen, Eigentümer, Mieter,
41 Evans, CRTD – Explanatory Report, S. 6. Ausführliche Darstellung der einzelnen Ansichten und
deren Argumente mit Literaturnachweisen bei Bremer, S. 346 ff.; Stör, S. 32 ff.; Richter-Hannes,
RabelsZ 1987, 357 (388 ff.).
42 Richter-Hannes, RabelsZ 1987, 357 (392 f.).
43 Evans, CRTD – Explanatory Report, S. 7; Herber, TranspR 1983, 5 (9); vgl. Lemor, DVWG B 76,
S. 175 (177 f., 183); Stör, S. 34; Bremer, S. 347 f., 350.
44 Herber, TranspR 1983, 5 (9).
45 Stör, S. 137.
46 Zur Haftung des Absenders in diesem Fall siehe 2. Teil A II 6 c).
47 Eine Ausnahme bilden nur Schäden, die auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der aufgezählten
Personen zurückzuführen sind, ebenso wie die Regressansprüche des Beförderers nach
Art. 5 Abs. 9 CRTD und die in Art. 6 und 7 CRTD genannten Ausnahmefälle.